§ 29 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Verwaltungsbeirat

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: Oktober 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen und GdWE)


Einleitung

Der Verwaltungsbeirat ist das Bindeglied zwischen Eigentümern und Verwaltung. § 29 WEG definiert Bestellung, innere Organisation, Aufgaben (Unterstützung/Überwachung des Verwalters) und das Haftungsprivileg für unentgeltlich tätige Beiräte. Wichtig: Der Beirat leitet nicht die Verwaltung und hat keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Verwalter – er bereitet vor, prüft, begleitet und kontrolliert.


Gesetzestext – § 29 WEG

§ 29 Verwaltungsbeirat

  1. Wohnungseigentümer können durch Beschluss zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Hat der Verwaltungsbeirat mehrere Mitglieder, ist ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen.
  2. Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung sollen, bevor die Beschlüsse nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gefasst werden, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden.
  3. Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig, haben sie nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Rolle, Zusammensetzung, Arbeitsweise

  • Bestellung per Beschluss: Nur Wohnungseigentümer/innen können Beiräte sein. Zahl der Mitglieder ist flexibel (1 Person möglich). Bei mehreren: Vorsitz + Stellvertretung bestimmen.
  • Einberufung des Beirats: Der/die Vorsitzende lädt „nach Bedarf“. (Hinweis: Die Eigentümerversammlung lädt weiterhin der Verwalter; ausnahmsweise der Beiratsvorsitz gemäß § 24 Abs. 3 WEG, wenn kein Verwalter vorhanden ist oder dieser pflichtwidrig nicht lädt.)
  • Unterstützen & überwachen: Laufende Begleitung des Verwalters; Prüfung von Wirtschaftsplan/Jahresabrechnung und Stellungnahme vor den Beschlüssen.
  • Keine Weisungsbefugnis: Der Beirat erteilt dem Verwalter keine Anweisungen, vergibt keine Aufträge und trifft keine Beschlüsse mit Bindungswirkung. Entscheidungen trifft die GdWE, der Verwalter führt aus.
  • Haftung: Unentgeltlich tätige Beiräte haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Bei entgeltlicher Tätigkeit entfällt das Privileg. Auslagenersatz und maßvolle Aufwandspauschalen gelten regelmäßig nicht als Entgelt.

Prüfung von Wirtschaftsplan & Jahresabrechnung

  • Soll‑Prüfung: Die Prüfung ist eine Soll‑Vorschrift – sie soll erfolgen, ist aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beschlüsse der ETV.
  • Prüfungsinhalt: Fokus auf Nachvollziehbarkeit und rechnerische Richtigkeit (Plausibilisierung, Stichproben, Belegeinsicht). Die fachliche Detailprüfung ersetzt nicht die Verantwortung des Verwalters.
  • Stellungnahme: Kurz, verständlich, mit eventuellen Hinweisen/Empfehlungen; Bereitstellung über das Eigentümerportal.

Praxisbeispiele

  • Arbeitsweise: Der Beirat bespricht quartalsweise mit der Verwaltung offene Punkte (Projekte, Abrechnungsvorbereitung, Liquidität) und dokumentiert seine Hinweise.
  • Prüfung vor Beschluss: Der Beirat bestätigt die rechnerische Richtigkeit der Jahresabrechnung, empfiehlt aber die Anhebung der Vorschüsse für Energie.
  • Einberufung ETV im Ausnahmefall: Der Verwalter ist verstorben; der Beiratsvorsitz lädt gemäß § 24 Abs. 3 WEG zur Versammlung.
  • Haftungsprivileg gewahrt: Die Beiräte erhalten nur Auslagenersatz und eine geringe Aufwandspauschale – die Tätigkeit bleibt unentgeltlich im Sinne des § 29 Abs. 3 WEG.

Häufige Missverständnisse

  • „Beiräte dürfen dem Verwalter Anweisungen geben.“ Falsch. Der Beirat hat keine Weisungsbefugnis. Er unterstützt, überwacht und empfiehlt – Beschlüsse fasst die ETV.
  • „Ohne Beiratsprüfung sind Wirtschaftsplan/Abrechnung unwirksam.“ Nein. Die Prüfung ist gesetzlich als Soll ausgestaltet; die ETV kann trotzdem wirksam beschließen.
  • „Beiräte vertreten die GdWE nach außen.“ Grundsätzlich nein. Der Verwalter vertritt die GdWE; Ausnahmen bedürfen ausdrücklicher Beschluss-/Vollmachtlage.
  • „Mit Aufwandspauschale entfällt das Haftungsprivileg immer.“ Nicht zwingend. Auslagenersatz und maßvolle Pauschalen gelten regelmäßig nicht als Entgelt. Honorare dagegen schon – dann gilt die volle Haftung.

FAQ zu § 29 WEG

Wie viele Mitglieder soll der Beirat haben?

Das Gesetz gibt keine Zahl vor. Üblich sind 3 Mitglieder (Vorsitz, Stellvertretung, Mitglied); möglich ist auch ein Ein‑Personen‑Beirat.

Wie lange ist die Amtszeit?

Durch Beschluss festlegen (z. B. bis zur nächsten ordentlichen ETV, max. synchron zur Verwalterbestellung). Abberufung jederzeit durch Beschluss möglich.

Müssen Beiräte Verträge gegenzeichnen?

Nein. Beiräte unterschreiben typischerweise Protokolle (vgl. § 24 Abs. 6 WEG). Vertragsabschlüsse nimmt der Verwalter vor, sofern die GdWE ihn dazu ermächtigt.

Dürfen Beiräte Belege „mitnehmen“?

Belegeinsicht ist zu gewähren; Herausgabe/Kopien richten sich nach Beschlusslage und Datenschutz. Eine Erklärpflicht der Verwaltung besteht nicht; Termin/Ort der Einsicht legt die Verwaltung fest.

Was, wenn der Beirat seine Aufgaben nicht wahrnimmt?

Die GdWE kann Aufgaben neu ordnen, Mitglieder abberufen/neu bestellen oder externe Prüfung beschließen. Die Wirksamkeit von ETV‑Beschlüssen bleibt unberührt.


Beschlussmuster (Praxis)

1) Bestellung & Organisation

Beschluss: Die GdWE bestellt [Name 1], [Name 2], [Name 3] in den Verwaltungsbeirat. Vorsitz: [Name 1], Stellvertretung: [Name 2]. Amtszeit bis zur ordentlichen ETV [Jahr].

2) Aufgabenrahmen & Delegation

Beschluss: Der Verwaltungsbeirat prüft Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung und gibt eine schriftliche Stellungnahme ab; er wirkt beratend bei Projekten > [X] € mit. Weisungen an den Verwalter werden nicht erteilt; Entscheidungen trifft die ETV.

3) Auslagenersatz/Aufwandsentschädigung

Beschluss: Beiräte erhalten Auslagenersatz gegen Nachweis sowie eine Aufwandspauschale von [Betrag] p. a. Die Tätigkeit gilt als unentgeltlich i. S. d. § 29 Abs. 3 WEG.


Fazit

Der Verwaltungsbeirat ist Kontroll‑ und Beratungsgremium – kein Parallel‑Verwalter. Mit klarer Bestellung, vernünftiger Organisation und sauberer Kommunikation stärkt er Transparenz und Qualität, ohne die Kompetenzordnung (Beschluss → Ausführung) zu verschieben.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: Oktober 2025

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