Bestellerprinzip beim Immobilienkauf? – Was seit 2020 tatsächlich gilt
Ursprünglicher Artikel: 04/2019 • Aktualisiert für 2025 • Keyword: Bestellerprinzip
Kernaussage
Seit 23.12.2020 gilt kein reines Bestellerprinzip beim Kauf, sondern die gesetzliche Verteilung der Maklerkosten nach §§ 656a–656d BGB. Ergebnis: Textform ist Pflicht. Bei Tätigkeit für beide Parteien zahlt jede Seite höchstens die Hälfte. Verlangt der Auftraggeber Kostenbeteiligung der Gegenseite, darf er nur bis zur Hälfte weiterreichen und muss zuerst selbst zahlen.
Geltungsbereich
- Erfasst: Käufe von Wohnungen und Einfamilienhäusern (inkl. Reihen-/Doppelhäuser).
- Nicht erfasst: Mehrfamilienhäuser, reine Baugrundstücke, Gewerbeimmobilien, Sonderfälle von Anteilskäufen (Share Deals).
- Parteistellung: Regelung schützt Verbraucher auf Käuferseite. Außerhalb dieses Rahmens gelten die allgemeinen Maklerregeln.
Rechtslage seit 23.12.2020 (BGB)
- Textformpflicht (§ 656a BGB): Maklervertrag nur wirksam in Textform (E-Mail, PDF, SMS). Mündliche Absprachen genügen nicht.
- Zweiteilung der Vergütung (§ 656c BGB): Makler für beide Seiten → Käuferanteil max. 50 % der Gesamtcourtage. Gleiches gilt für den Verkäufer.
- „Weiterreichen“ bei Einseitauftrag (§ 656d BGB): Beauftragt nur eine Seite den Makler, kann sie von der Gegenseite höchstens die Hälfte verlangen und erst nachdem sie ihren eigenen Anteil gezahlt hat (Nachweispflicht).
- Absolute Einseitigkeit: Ist der Makler ausschließlich nur für den Käufer tätig, darf er nur vom Käufer Geld nehmen; ist er ausschließlich nur für den Verkäufer tätig, nur vom Verkäufer.
- Umgehungsverbot: Klauseln, die mehr als die Hälfte auf den Käufer schieben, sind unwirksam.
Typische Modelle in der Praxis (2025)
- Hälftige Teilung („3,57 % + 3,57 %“): Üblich bei Doppeltätigkeit. Je Partei zahlt ihren Anteil direkt an den Makler.
- Reine Innenprovision: Verkäufer beauftragt und zahlt allein. Käufer zahlt nichts.
- Einseitiger Auftrag mit anteiliger Weitergabe: Auftraggeber zahlt voll, fordert von der Gegenseite max. 50 % nach eigener Zahlung.
Was bedeutet „ausschließlich für eine Seite tätig“?
- Kein eigener Objektauftrag mit der anderen Seite, kein Vermarktungsauftrag des Verkäufers („an die Hand geben“), keine Doppeltätigkeit im Hintergrund.
- Stellt der Makler ein Objekt vor, das er bereits im Verkäuferbestand hat, liegt keine ausschließliche Käufervertretung vor → hälftige Regeln greifen.
Fälligkeit und Nachweise
- Fälligkeit: Regelmäßig mit wirksamer Beurkundung des Kaufvertrags, sofern nichts Abweichendes vereinbart.
- Belegpflicht (§ 656d BGB): Wer „weiterreicht“, muss zunächst seine eigene Zahlung nachweisen.
Auswirkungen auf Kaufpreise und Steuer
- Courtageanteile lassen sich nicht auf den Käufer über 50 % hinaus abwälzen. Preisverhandlungen bleiben frei, faktisch kalkulieren Verkäufer die Gesamtkosten oft im Angebotspreis mit ein.
- Höhere Kaufpreise erhöhen die Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage. Reine Käuferprovision entfällt häufig, dafür steigt mitunter der Angebotspreis.
Vertragsgestaltung – Best Practice
Makler
- Maklervertrag in Textform mit klarer Parteistellung (einseitig/doppelt), Höhe und Fälligkeit der Courtage.
- Doppeltätigkeit transparent machen; getrennte Provisionsabreden je Partei.
- Bei Einseitauftrag + Weitergabe: Zahlungsnachweis des Auftraggebers dokumentieren, dann Gegenseite belasten.
Verkäufer
- Entscheiden: Innenprovision (allein zahlen) oder hälftige Teilung. Mischformen sauber nach Gesetz abbilden.
- Exposé/Inserat ohne „verdeckte“ Käufercourtage formulieren. Keine Umgehungsklauseln.
Käufer
- Vor Besichtigung klären: Geltungsbereich der §§ 656a–d BGB, Höhe des eigenen Anteils, Doppeltätigkeit ja/nein.
- Bei Einseitauftrag des Verkäufers: Maximal 50 % – erst nach Verkäuferzahlung.
Häufige Fehler
- Mündliche Abrede: Ohne Textform kein Zahlungsanspruch.
- „Käufer zahlt alles“ bei Doppeltätigkeit: Unwirksam.
- Weitergabe > 50 %: Unzulässig – anfechtbar.
- Reihenfolge vertauscht: Weitergabe verlangt, ohne dass der Auftraggeber gezahlt hat → kein Anspruch.
FAQ
- Gilt das immer hälftig?
Nur bei Doppeltätigkeit. Bei reiner Innenprovision zahlt allein der Auftraggeber. - Kann der Käufer freiwillig mehr als 50 % zahlen?
Nein, Abreden über den 50 %-Deckel hinaus sind unwirksam. - Was ist mit Stellplätzen/Einzelgaragen?
Werden sie mit der Wohnung/Haus verkauft, greift die Regel. Bei isolierten Erwerbsvorgängen ist der konkrete Einzelfall zu prüfen. - Gewerbe/Mehrfamilienhaus?
Nicht vom Gesetz erfasst; Provisionsfreiheit verhandelbar.
Rechtsgrundlagen (Service)
- § 656a BGB – Textform
- § 656b BGB – Beteiligte
- § 656c BGB – Teilung bei Tätigkeit für beide
- § 656d BGB – Kostenerstattung bei Einseitauftrag




