Endrenovierungsklausel: BGH VIII ZR 302/07 – Rückzahlung nur nach Bereicherungsrecht, aktuelle Linie seit 2015/2020
Kerngedanke
– Ist eine Endrenovierungsklausel unwirksam und renoviert der Mieter trotzdem beim Auszug im Vertrauen auf deren Geltung, kann er vom Vermieter nur nach § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) Geld zurückverlangen – kein Schadensersatz.
– Maßstab ist der Wert der Mieterleistung (angemessener Aufwand/übliche Vergütung), nicht eine konkrete Vermögensmehrung beim Vermieter. Die Höhe schätzt das Gericht nach § 287 ZPO.
– AGB-rechtlicher Hintergrund: Formular-Schönheitsreparatur– und Endrenovierungsklauseln unterliegen der Kontrolle nach § 307 BGB; zu starre oder intransparente Klauseln sind unwirksam.
Die Entscheidung (VIII ZR 302/07) – Leitlinien
– Anspruchsgrundlage: Bereicherungsrecht (§ 812 BGB), weil die Renovierung „ohne Rechtsgrund“ erfolgte.
– Bewertung: Erstattet wird der objektive Wert der erbrachten Leistung (Material, Arbeitsaufwand, regionale Marktpreise), nicht „jeder Beleg“ in voller Höhe. Schätzung nach § 287 ZPO.
– Kein Verschuldenserfordernis: Die bloße Anwendung der unwirksamen Klausel begründet kein Verschulden des Vermieters; es bleibt beim objektiven Ausgleich.
– Verjährung: Regelmäßig 3 Jahre, Beginn mit Schluss des Jahres der Leistung und Kenntnis (§ 195 BGB, § 199 BGB).
Praxisfolgen für Vermieter
– Formulare prüfen: Starre Endrenovierungszwänge, Quotenabgeltung ohne transparente Berechnung und starre Fristen meiden (§ 307 BGB).
– Zustandsbezogen formulieren: Schönheitsreparaturen nur, wenn und soweit der tatsächliche Zustand es erfordert; Grundpflicht zur Instandhaltung bleibt beim Vermieter (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB).
– Abnahme sauber dokumentieren; keine pauschalen Weisungen „Endrenovierung immer“.
Praxisfolgen für Mieter
– Vor Auszug Klauselwirksamkeit prüfen. Nur zustands- und vertragsgerechte Arbeiten durchführen; bei Zweifel mit dem Vermieter klären.
– Renovieren Sie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, Belege/Fotos sichern. Rückforderungsmaßstab ist der objektive Wert, nicht jede Einzelausgabe.
Was hat sich seit Juli 2009 geändert? – Entwicklungsstand 2015/2020
– Unrenoviert überlassene Wohnung (2015): Der BGH hat klargestellt, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter regelmäßig unwirksam ist, wenn die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert übergeben wurde ohne angemessenen Ausgleich. Folge: Der Mieter muss dann nicht aufgrund einer Formularklausel renovieren. Er trägt die Beweislast für den anfänglichen Zustand.
– Kostenteilung/Anspruch auf Renovierung (2020): Ist die Abwälzung unwirksam und die Wohnung inzwischen deutlich abgewohnt, kann der Mieter vom Vermieter Schönheitsreparaturen verlangen. Der BGH hat hierfür eine angemessene Kostenteilung (in der Praxis oft hälftig) zwischen den Parteien eröffnet, weil beide vom langjährigen Gebrauch profitieren, die formularmäßige Abwälzung aber fehlt. Damit wurde die rein bereicherungsrechtliche Sicht aus 2009 um leistungsrechtliche Ansprüche ergänzt.
– Konsequenz: Endrenovierungsklauseln bleiben heikel. Heute ist zusätzlich zu prüfen, ob (1) die Wohnung unrenoviert überlassen wurde, (2) ein Ausgleich gewährt wurde, (3) der Zustand eine Renovierungspflicht des Vermieters mit Kostenteilung auslöst. Die Grundpflicht des Vermieters zur Erhaltung ist gesetzlich verankert (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB), kann aber nur begrenzt formularmäßig verlagert werden.
FAQ
– Erstattet der Vermieter immer „Rechnung = Erstattung“? Nein. Maßgeblich ist der objektive Wert der Arbeiten; das Gericht darf schätzen (§ 287 ZPO).
– Gilt der Verzicht des Mieters bei unwirksamer Klausel? Nein. Unwirksame AGB verpflichten nicht. Rückforderung nur nach § 812 BGB und innerhalb der Frist (§ 195, § 199 BGB).
– Kann man wirksam abweichend vereinbaren? Ja, als Individualvereinbarung (tatsächlich ausgehandelt, dokumentiert) mit angemessenem Ausgleich; AGB bleiben kontrollpflichtig (§ 307 BGB).
Ursprünglicher Artikel: Juli 2009 (BGH VIII ZR 302/07)
Aktualisiert am 14.10.2025 von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH




