Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft bei Zahlungsklagen: Richtige Parteibezeichnung, Rubrumsberichtigung und Prozessführung – Stand 2025


Kerngedanke

Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft: Bei Klagen auf Hausgeld, Nachschüsse oder sonstige Beiträge ist die richtige Klägerin die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), nicht „die übrigen Wohnungseigentümer“.

Fehlbezeichnung ist regelmäßig unschädlich, wenn eindeutig ist, wer gemeint war. Das Gericht kann das Rubrum von Amts wegen berichtigen (Rubrumsberichtigung). Ein Parteiwechsel ist nur nötig, wenn tatsächlich eine andere Rechtsperson betroffen wäre.

– Seit dem WEMoG (01.12.2020) ist die Gemeinschaft als rechtsfähiger Verband gesetzlich verankert. Aktiv- und Passivlegitimation für Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis liegen regelmäßig bei der GdWE (§ 9a WEG, § 16 WEG, § 28 WEG).


Ausgangspunkt 2009 und heutiger Rahmen

2009: LG Saarbrücken (5 T 349/09) bejahte die Unschädlichkeit einer falschen Bezeichnung im Mahn- und Klageverfahren („übrige Eigentümer“ statt Gemeinschaft), weil das Gericht die Parteiangabe berichtigen konnte; Kostentragung beim säumigen Eigentümer.

Heute: Das gilt fort. Die GdWE ist gesetzlich als Verband normiert (§ 9a WEG) und wird vertretungsberechtigt durch den Verwalter (§ 9b WEG). Prozessuale Anforderungen an die Klageschrift ergeben sich aus § 253 ZPO.


Die richtige Parteibezeichnung – so muss sie aussehen

Klägerin: „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [Straße, Hausnummer, PLZ Ort] (GdWE), vertreten durch den Verwalter [vollständiger Name/Unternehmen, Anschrift].“

Optional: Grundbuchangaben (Amtsgericht, Grundbuch von [Ort], Blatt-Nr.) erhöhen die Eindeutigkeit.

Ungeeignet: „WEG XY“, „übrige Eigentümer“, „Eigentümergemeinschaft [ohne Adresse]“. Solche Sammelbezeichnungen sind missverständlich und lösen unnötige Zulässigkeitsdebatten aus.

Hinweis: Der Begriff „Wohnungseigentümergemeinschaft“ ist als Synonym gebräuchlich. Gesetzessprache ist „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE)“.


Rubrumsberichtigung vs. Parteiwechsel

Rubrumsberichtigung ist zulässig, wenn aus dem gesamten Vorbringen (Anspruchstyp, Anlagen, Beschlüsse, Adressangaben) klar wird, dass die GdWE gemeint war. Sie betrifft nur die Bezeichnung, nicht die Identität der Partei.

Parteiwechsel (§ 263 ZPO) ist erforderlich, wenn wirklich eine andere Prozesspartei ausgetauscht werden soll. Er bedarf Zustimmung der Gegenseite oder gerichtlicher Sachdienlichkeitsbejahung; Verjährungsrisiken sind zu beachten (Hemmung durch Klageerhebung wirkt nicht immer zurück).

Abgrenzung: Entscheidend ist, ob von Anfang an die Gemeinschaft als materiell Berechtigte erkennbar geltend gemacht wurde. Ist das der Fall, genügt die Berichtigung. War hingegen wirklich der einzelne Eigentümer als Forderungsinhaber tituliert, droht Parteiwechsel.


Vertretung der GdWE im Verfahren

Regelfall: Die GdWE wird durch den Verwalter vertreten (§ 9b WEG). In der Klageschrift ist die Vertretung deutlich zu bezeichnen; die Prozessvollmacht der beauftragten Rechtsanwälte folgt aus § 80 ZPO i. V. m. § 81 ZPO.

Kein Verwalter bestellt: Vertretung durch alle Eigentümer gemeinschaftlich oder einen dazu ermächtigten Eigentümer/Beiratsvorsitzenden (Beschluss gem. § 27 WEG i. V. m. § 24 WEG).

Wechsel des Verwalters während des Prozesses: Kein Parteiwechsel. Das Organ der Vertretung ändert sich, nicht die Partei; das Gericht vermerkt den Vertreterwechsel.


Anspruchsgrundlagen bei Zahlungsklagen

Hausgeld-Vorschüsse aus dem Wirtschaftsplan: § 28 WEG. Fälligkeit mit Beginn des Wirtschaftsjahres bzw. vereinbartem Termin im Plan; Zahlbarkeit an die GdWE.

Nachschüsse aus der Jahresabrechnung: § 28 WEG (Beschluss über die Einforderung von Nachschüssen).

Sonstige Beiträge (z. B. Sonderumlage): § 16 WEG, konkretisiert durch Beschluss nach § 19 WEG (ordnungsmäßige Verwaltung).

Verzug: §§ 286 BGB, 288 BGB (Verzugszinsen; bei Verbrauchern Basiszins + 5 PP; bei Unternehmern + 9 PP sowie § 288 Abs. 5 BGB Pauschale).


Mahnverfahren und Klage – fehlerfrei aufsetzen

Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO): Im Antragsformular die GdWE mit vollständiger Objektadresse als Gläubigerin eintragen, Vertretung durch den Verwalter (Name/Anschrift). Forderung aus „Hausgeld gem. Wirtschaftsplan [Jahr]/Nachschuss lt. Beschluss vom [Datum], TOP [x]“ bezeichnen.

Klage (§ 253 ZPO): Klare Anträge, schlüssiger Sachvortrag, Anlagen (Wirtschaftsplan, Niederschrift/Beschluss, Abrechnung, Fälligkeitskalender, Mahnungen).

Zinsen/Kosten sauber beziffern. Verzugseintritt darlegen (Datum, Mahnung/kalendermäßige Bestimmung). Ggf. weiteren Verzugsschaden (Inkasso/RA) begründen.


Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft: Praxisbeispiele

Rubrum (Klägerin): „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Musterstraße 12, 12345 Musterstadt, vertreten durch den Verwalter HV Reiner GmbH, Hauptstraße 1, 12345 Musterstadt.“

Klageantrag: „Der Beklagte wird verurteilt, an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Musterstraße 12, 12345 Musterstadt, [Betrag] € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem [Datum] zu zahlen.“

Anspruchsgrund: „Die Forderung beruht auf § 28 WEG (Wirtschaftsplan 2025) i. V. m. § 16 WEG und dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom [Datum], TOP [x].“


Typische Fehler – und wie man sie vermeidet

Falsche Partei: Von Beginn an die GdWE benennen, nicht einzelne Eigentümer oder die Verwaltung als Anspruchsinhaber.

Fehlende Vertretungsangabe: „vertreten durch den Verwalter [Name]“ ergänzen; bei fehlendem Verwalter Ermächtigungsbeschluss beifügen.

Unbestimmte Forderungsgrundlage: Ohne Wirtschaftsplan-/Beschlussbezug fehlt es an Schlüssigkeit. Anlagen sauber nummerieren.

Zinsen falsch: Verbraucher/Unternehmer unterscheiden; Datum des Verzugseintritts exakt angeben.

Alte Muster: Prä-WEMoG-Textbausteine aktualisieren. Terminologie („GdWE“) und §§ anpassen.


Besonderheiten: Kein Verwalter, Zwei- und Kleingemeinschaften

Kein Verwalter: Die GdWE bleibt parteifähig. Vertretung durch alle Eigentümer oder einen per Beschluss ermächtigten Eigentümer (§ 9b WEG analoger Vertretungsgedanke). Den Ermächtigungsbeschluss beifügen.

Zweiergemeinschaft: Keine Sonderrolle bei der Parteifähigkeit. Die GdWE klagt; Stimmpatt ist über gerichtliche Ersetzung oder Nothilfe aufzulösen; in Eilfällen einstweiliger Rechtsschutz möglich (ZPO).


Bezeichnung im Mahn- und Vollstreckungsverfahren

Mahnverfahren: Gläubiger = GdWE (Adresse), Vertreter = Verwalter. Forderungstext knapp, aber konkret (Plan/Beschluss, Beträge, Fälligkeiten). § 690 ZPO beachten.

Vollstreckung: Titel lautet auf die GdWE. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt „zugunsten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [Adresse]“.

Rechtsnachfolge (Eigentümerwechsel): Schuldner bleibt, wer bei Fälligkeit Schuldner war; laufende Vorschüsse gehen auf Erwerber über (§ 9a, § 16 WEG i. V. m. schuldrechtlichen Übergaberegelungen). Parteibezeichnung bleibt die GdWE.


Bezeichnung in anderen Konstellationen

Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklagen: Beklagte/Antragsgegnerin ist die GdWE. Kläger ist der einzelne Eigentümer. Bezeichnung der GdWE sauber.

Delikts-/Werkvertragsklagen gegen Dritte (z. B. Unternehmer): Klägerin ist die GdWE bei Schäden am Gemeinschaftseigentum (§ 9a WEG).

Innenstreitigkeiten (z. B. SE/TE-Abgrenzung): Parteistellung richtet sich nach Anspruchsinhaberschaft; Bezeichnung beachten.


Rechtsentwicklung seit 2009 – was hat sich geändert?

Kodifizierung der Verbandslösung (WEMoG): § 9a WEG stellt klar, dass die Gemeinschaft Trägerin der Verwaltung ist. Aktiv-/Passivlegitimation für Gemeinschaftsangelegenheiten liegen bei der GdWE. Dies beseitigt frühere Unsicherheiten, in denen vereinzelt noch „die übrigen Eigentümer“ prozessierten.

Vertretung: § 9b WEG ordnet die Außenvertretung dem Verwalter zu. Für Zahlungsklagen ist eine gesonderte Ermächtigung nicht nötig, solange der Forderungszug ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

Prozessuale Disziplin: Gerichte legen weiterhin den Fokus auf eindeutige Parteibezeichnung und lassen Rubrumsberichtigungen zu, wenn die Identität nie zweifelhaft war. Bei offensichtlichen Fehladressierungen wird jedoch strenger auf Parteiwechsel erkannt, um Verjährungstaktik zu verhindern.

Terminologie: Die Abkürzung GdWE hat sich durchgesetzt. In Tenorierungen und Rubren wird konsequent die Objektadresse zur Identifikation geführt.


Formalia und Technik – 2025

Schriftform der Klage: § 253 ZPO. Bei anwaltlicher Vertretung elektronische Einreichung über beA gemäß § 130a ZPO.

Bezeichnungen im elektronischen Formblatt: Zeilen für „Firma/Bezeichnung“ der GdWE nutzen; Objektadresse und „vertreten durch …“ in den dafür vorgesehenen Feldern eintragen.

Anlagenkonzept: Nummeriert und mit Kurzbezeichnung (A1 Wirtschaftsplan 2025; A2 Beschluss 15.03.2025 TOP 4; A3 Kontoauszug; A4 Mahnung …). Einheitliche Aktenführung erleichtert Vollstreckung.


Checkliste für Verwalter und Beiräte

1. Anspruch prüfen: Wirtschaftsplan/Beschluss vorhanden, Fälligkeit, Höhe, Zeitraum, Schuldneridentität (Veräußerung/Eigentümerwechsel).

2. Bezeichnung festlegen: „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [Adresse], vertreten durch [Verwalter].“

3. Verzug herbeiführen: Mahnung (falls erforderlich), Frist, Zinsbeginn dokumentieren.

4. Verfahrensweg wählen: Mahnverfahren bei eindeutiger Geldforderung; Klage bei zu erwartenden Einwendungen.

5. Prozessbevollmächtigte instruieren: Anlagenpaket vollständig; Terminologie WEMoG-konform.

6. Titelpflege: Titel auf GdWE; bei Namens-/Vertreterwechsel keine Umschreibung nötig, aber in Vollstreckungsanträgen angeben.


Do’s & Don’ts

Do: Immer die GdWE als Partei. Objektadresse zwingend aufnehmen. Vertreter eindeutig bezeichnen.

Do: Anspruchsgrundlagen präzise nennen (§§ 16, 28 WEG; Beschluss, Plan). Verzugszinsen korrekt berechnen (§§ 286, 288 BGB).

Do: Bei alten Mustern aktualisieren: WEG-Paragraphen und Verbandsbezeichnung gemäß WEMoG.

Don’t: „Übrige Eigentümer“ oder Verwalter als Forderungsinhaber im Rubrum. Das ist materiell falsch.

Don’t: Unklare, pauschale Forderungstexte ohne Bezug zu Plan/Beschluss/Fälligkeit.


FAQ – Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft

Reicht „WEG Musterstraße 12“? In der Praxis unpräzise. Besser: „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Musterstraße 12, 12345 Musterstadt (GdWE), vertreten durch …“

Was tun bei bereits eingereichter Klage mit falscher Bezeichnung? Rubrumsberichtigung anregen. Identität der Partei durch Anlagen/Anspruchstyp belegen.

Wer klagt ohne Verwalter? Die GdWE, vertreten durch alle Eigentümer oder einen per Beschluss ermächtigten Eigentümer/Beirat. Beschluss beifügen.

Eigentümerwechsel während des Verfahrens? Keine Parteiänderung. Schuldnerschaft/Fälligkeit je Position prüfen; Beitritt/Substitution nur, wenn materiell-rechtlich geboten.

Können einzelne Eigentümer Hausgeld für die Gemeinschaft einklagen? Nein. Aktivlegitimation liegt bei der GdWE. Ausnahmen nur bei ausdrücklicher Ermächtigung oder Notvertretungslagen.


Praxisbeispiel – von der Mahnung bis zur Vollstreckung

Situation: Eigentümer E zahlt seit Januar die Vorschüsse 2025 nicht. Wirtschaftsplan 2025 beschlossen am 15.12.2024, Fälligkeit jeweils am 3. Werktag des Monats.

Schritt 1: Mahnung 10.02.2025, Frist 10 Tage. Verzug ab 21.02.2025 (§ 286 BGB).

Schritt 2: Mahnantrag 05.03.2025. Gläubiger: „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Musterstraße 12, 12345 Musterstadt, vertreten durch HV Reiner GmbH …“ Forderung: „Hausgeld Jan–März 2025 gem. § 28 WEG i. V. m. Wirtschaftsplan 2025 vom 15.12.2024“.

Schritt 3: Widerspruch des Schuldners → Abgabe an Streitgericht; Klagebegründung mit Anlagen.

Schritt 4: Urteil tituliert Zahlung „an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer …“. Vollstreckung aus dem Titel gegen E.


Bezeichnung und Datenschutz

DSGVO: Die Nennung der Objektadresse und des Namen des Schuldners ist prozessual erforderlich (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Weitergehende personenbezogene Informationen nur, soweit sachdienlich (z. B. Kontaktdaten, wenn für Zustellung nötig).


Kosten, Zinsen, Nebenforderungen

Prozesskosten trägt der Unterliegende (§ 91 ZPO). Bei Teilobsiegen quotelt das Gericht.

Verzug: Zinsen nach § 288 BGB; mahnbare Pauschale nur bei Unternehmer-Schuldnern (§ 288 Abs. 5 BGB).

Außergerichtliche RA-Kosten sind als Verzugsschaden ersatzfähig, wenn Verzug bestand und die Beauftragung erforderlich war (§ 286 BGB).


Zusammenfassung in 10 Punkten

1. Klägerin ist die GdWE, nicht „übrige Eigentümer“.

2. Vertreten durch den Verwalter (§ 9b WEG).

3. Rubrumsberichtigung genügt bei bloßer Fehlbezeichnung.

4. Parteiwechsel nur bei tatsächlicher Parteiänderung (§ 263 ZPO).

5. Anspruch aus § 28, § 16 WEG schlüssig darlegen.

6. Zinsen/Verzug nach §§ 286, 288 BGB.

7. Anlagen: Plan, Beschluss, Abrechnung, Kontoauszug, Mahnung.

8. Mahnverfahren bei klarer Geldforderung, sonst Klage.

9. Terminologie WEMoG-konform verwenden (GdWE).

10. Alte Mustertexte aktualisieren und zentral hinterlegen.


Ursprünglicher Artikel: Oktober 2009

Aktualisiert am 14.10.2025 von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH