Modernisierung 2011 vs. heute: Förderung, Pflichten und Praxis – was Eigentümer und Verwalter jetzt wirklich wissen müssen

Aktualisiert am: 13.10.2025

Ausgangspunkt 2011: Einzelmaßnahmen kehren zurück – mit Energie-Expertenpflicht

Zum 01.03.2011 öffnete die KfW nach kurzer Pause wieder die Förderung für energetische Modernisierung durch Einzelmaßnahmen. Neu war: Ohne Einbindung eines anerkannten Energie-Experten sollten keine Mittel fließen. Der Schritt markierte den Übergang von „Einbau nach Handwerkerangebot“ hin zu Modernisierung mit technischer Planung, Qualitätssicherung und Zielwerten.

2011–2020: KfW-Programme, Effizienzhauslogik, stetig steigende technische Anforderungen

In den 2010ern dominierte die KfW-Systematik: Kredite/Zuschüsse für Modernisierung an Gebäudehülle, Anlagentechnik und Effizienzhäuser. Fördersätze und Grenzwerte wurden mehrfach angepasst. Konstant blieb: Antrag vor Auftrag, Nachweis durch Energie-Experten und technische Mindestanforderungen (z. B. U-Werte, hydraulischer Abgleich, Regelungstechnik).

Seit 2021: BEG ersetzt die alte KfW-Landschaft

Mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurde die Förderung neu geordnet: Einzelmaßnahmen (BEG EM) und Effizienzhäuser/-gebäude, Zuschüsse primär über BAFA, Kredite über KfW. Der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) wurde als Planungsinstrument samt Bonus etabliert – zentral für eine schrittweise Modernisierung im Bestand.

2022/2023: Stop-and-Go und Neujustierung

Aufgrund Budgetrestriktionen kam es zu Förderstopps und Senkungen. Neubauförderung wechselte zu „klimafreundlich bauen“, Bestands-Modernisierung blieb Kernziel. Die Botschaft: Ohne professionelle Vorbereitung riskieren Projekte zeitliche Brüche und entgangene Zuschüsse.

Seit 2024/2025: Heizung neu, Hülle stabil – BEG geschärft, GEG 65 % EE aktiv

  • Heizungstausch: Zuschuss jetzt bei der KfW (Produkt Zuschuss 458). Systematik: Grundförderung für den Austausch fossiler Anlagen plus Boni (z. B. Einkommens- und Beschleunigungsbonus; Gesamtdeckel). Kredite ergänzend (KfW 358/359). Offiziell kommuniziert: „bis zu 70 % Zuschuss“ je nach Konstellation. Wichtig: förderfähige Kosten sind gedeckelt, daraus folgt ein Maximalzuschuss.
  • Gebäudehülle & Anlagentechnik außer Heizung (Fenster, Dach/Fassade, Außentüren, Lüftung, Heizungsoptimierung): Zuschuss weiterhin über BAFA im Rahmen BEG-EM mit Basissatz typ. 15 % und iSFP-Bonus +5 % bei Umsetzung aus einem gültigen Sanierungsfahrplan. Planung/Baubegleitung förderfähig (50 % Zuschuss mit Obergrenzen).
  • GEG-Pflichten: Beim Heizungstausch gelten die 65-%-EE-Anforderungen mit kommunaler Wärmeplanung als Richtschnur. Konsequenz: Modernisierung am Wärmeerzeuger früh mit Versorger-, Gebäude- und Quartiersebene abgleichen.

Was sich materiell gegenüber 2011 geändert hat

  • Förderlogik: Von vielen KfW-Einzeltöpfen hin zu BEG-Systematik. Zuschuss vs. Kredit klarer getrennt. Heizungstausch separat adressiert.
  • Planungspflicht: Energie-Experten strukturieren die Modernisierung über iSFP, Maßnahmenpakete und Nachweise. Baubegleitung ist Standard.
  • Boni/Deckel: iSFP-Bonus (+5 % für Hülle/EM), heizungsspezifische Boni, absolute förderfähige Kostenobergrenzen (je Wohneinheit/je Maßnahme). Das zwingt zur Priorisierung.
  • Technik: Mindestanforderungen wurden angehoben (Hülle, Effizienz, Regelung, Abgleich). Förderfähig ist, was messbar wirksam ist.
  • Pflichten: Neben Förderung greifen gesetzliche Pflichten (z. B. 65 %-EE-Heizung). Förderung und Recht sind zu verzahnen.

Pragmatische Vorgehensweise 2025 für Eigentümer und Verwalter

  1. Strategie zuerst: iSFP erstellen lassen. Er zeigt Reihenfolge, Wechselwirkungen und Bonuschancen.
  2. Technikpakete schnüren: Hülle-Los (Fenster/Dach/Fassade + Lüftungskonzept) getrennt vom Wärmeerzeuger-Los planen.
  3. Antragstiming beherrschen: Förderantrag vor Vertragsschluss. Angebote einholen, Beauftragung erst nach Eingangsbestätigung.
  4. Baubegleitung einkalkulieren: 50 % Zuschuss für Fachplanung/Bauüberwachung nutzen.
  5. Wirtschaftlichkeit real rechnen: Nettonutzen statt „Förderquote“, inkl. Energiepreise, Instandhaltungsstau, Werterhalt, Vermietbarkeit.

Typische Fehler – und wie man sie heute vermeidet

  • „Maßnahme vor Plan“: Ohne iSFP fehlen Roadmap und Bonus. Reihenfolge kippt, Zielwerte verfehlen sich.
  • „Auftrag vor Antrag“: Förderausschluss durch zu frühe Beauftragung. Lösung: förderkonforme Vertragsklauseln, Freigabe erst nach Antrag.
  • „Nur Heizung“: Hülle ignorieren führt zu überdimensionierten Anlagen. Erst Hülle prüfen, dann Erzeuger dimensionieren.
  • „Keine Baubegleitung“: Mängel, Nachträge, fehlende Nachweise. Begleitung reduziert Risiken und ist förderfähig.

Was heißt das für WEGs konkret?

  • Beschluss- und Vergabekaskade: Grundsatzbeschluss Modernisierung + Planungsauftrag (Energie-Experte), dann Maßnahmen-/Finanzierungsbeschluss samt Fördermandat, danach Vergabe.
  • Kostenverteilung: Gemeinschaftseigentum vs. Sondereigentum sauber trennen. Fördermittel vereinnahmen und gemäß Beschlusslage verrechnen.
  • Kommunale Wärmeplanung: Fernwärme- und Netzpfade frühzeitig prüfen; Anschluss- und Förderbedingungen können Projektpfade ändern.

Orientierungswerte „heute“ (2024/2025, auszugsweise)

  • Heizungstausch (KfW-Zuschuss 458): Grundförderung + Boni bis zu einer offiziell kommunizierten Maximalquote. Maßgeblich sind förderfähige Kostenobergrenzen.
  • Hülle/Optimierung (BAFA BEG-EM): Basissatz typ. 15 % + iSFP-Bonus 5 %; Heizungsoptimierung 15 %; Fachplanung/Baubegleitung 50 % bis Obergrenze.
  • GEG: 65 %-EE-Anforderung beim Heizungstausch; Übergangs-/Gebietskulissen je Kommune beachten.

Warum die Rolle des Verwalters heute anspruchsvoller ist als 2011

  • Regelungsdichte: Förderung, Technik, Vergabe- und Beschlussrecht greifen ineinander.
  • Projektsteuerung: Modernisierung ist ein Multi-Stakeholder-Projekt.
  • Transparenz: Erwartet werden belastbare Zeit- und Kostenschemata inkl. Förderpfad und Risiken.

Kurze Checkliste vor Start

  1. Energie-Experte auswählen und iSFP beauftragen.
  2. Maßnahmenpakete definieren: Hülle, Technik, Heizung.
  3. Förderweg festlegen: BAFA (BEG-EM) vs. KfW-Zuschuss 458/Kredit.
  4. Anträge vor Auftragstellung einreichen; Verträge förderkonform.
  5. Baubegleitung fördern lassen und verbindlich beauftragen.

Fazit

Gegenüber 2011 ist Modernisierung heute planungs-, förder- und nachweispflichtig. Wer iSFP, Antragstiming, Baubegleitung und GEG-Rahmen zusammen denkt, erreicht realistische Energie- und CO₂-Effekte, reduziert Ausfallrisiken und nutzt Zuschüsse optimal. Für WEGs gilt: erst Struktur beschließen, dann Maßnahmen.

Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH