Gasversorger: OLG Frankfurt kippt zu weite Preisanpassungsklausel – Was Verbraucher und Verwalter jetzt prüfen sollten
Kerngedanke
– Preisanpassungen von Gasversorgern unterliegen der AGB-Kontrolle. Unbestimmte Klauseln benachteiligen Kunden unangemessen und sind unwirksam (OLG Frankfurt, 11 U 61/07).
– Klauseln müssen klare Kriterien, Anpassungsanlass und -umfang nennen. Reine Verweise auf „Kostenentwicklung“ oder „Verhältnisse am Haushaltswärmemarkt“ genügen nicht.
Der Fall – Essenz
– Sonderverträge Erdgas: Versorger „setze den Erdgaspreis unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung … und der jeweiligen Verhältnisse auf dem Haushaltswärmemarkt“ fest; Termine „in der Regel“ 1.4./1.10., Änderungen „vorbehalten“.
– Preiserhöhung zum 1.11.2005; Kunden klagten. LG Hanau wies ab, OLG Frankfurt gab weitgehend statt.
Die Entscheidung
– Das Preisbestimmungsrecht folgt nicht aus dem Gesetz, sondern aus AGB und unterliegt der Inhaltskontrolle.
– Die Klausel ist zu unbestimmt: kein konkreter Maßstab für Anlass/Umfang; eröffnet ein zu weites Ermessen; Kunde kann Erhöhungen nicht kalkulieren.
– Der Verweis auf den „Haushaltswärmemarkt“ ist konturlos; erlaubt Preisorientierung an anderen Energieträgern und verschiebt das Preis-Leistungs-Verhältnis zulasten des Kunden.
Leitlinien für wirksame Preisanpassungsklauseln
– Transparenz: exakte Benennung der Kostenfaktoren (z. B. Netzentgelte, Beschaffung, Steuern/Abgaben) und deren Gewichtung.
– Symmetrie: Erhöhungen und Senkungen müssen gleichermaßen nachvollziehbar sein.
– Mechanik: klare Formel oder Indexbezug, feste Stichtage, Vorlauf-/Informationsfristen.
– Kein Blanko-Ermessen: keine Generalklauseln wie „Verhältnisse am Markt“ ohne messbare Parameter.
Checkliste für Haushalte, WEGs und Verwalter
– Vertrag lesen: Enthält die Klausel konkrete Parameter, Gewichte, Senkungspflicht?
– Mitteilung prüfen: Begründung der Erhöhung nachvollziehbar? Rechenweg/Bestandteile ausgewiesen?
– Vergleich: Weicht die Änderung vom benannten Mechanismus ab (Termin, Index, Kostenkörbe)?
– Reaktion: Schriftlich beanstanden, Belege anfordern, ggf. Schlichtung/aufsichtsrechtliche Beschwerde, rechtliche Prüfung.
Praxis für Verwalter
– Dokumentation der Preisänderung und Begründung in der Objektakte.
– Wirtschaftsplan/Abrechnung nur mit belastbaren Nachweisen anpassen.
– Bei unwirksamer Klausel Konsequenzen für Nachforderungen prüfen; Risiken in der Eigentümerversammlung adressieren.
FAQ
– Gilt die Unwirksamkeit automatisch für alle Kunden? Nein, es kommt auf den konkreten Vertragstext an. Inhalte sind je Versorger/Jahr unterschiedlich.
– Muss der Kunde trotz unwirksamer Klausel zahlen? Gesetzliche/vertragliche Ausgangspreise bleiben wirksam; Erhöhungen über unwirksame Klauseln können angreifbar sein.
– Kann der Versorger „heilen“? Künftige Anpassungen nur über wirksame Klauseln; rückwirkende Heilung regelmäßig ausgeschlossen.
Quintessenz
– Preisanpassungsklauseln von Gasversorgern brauchen klare Parameter und berechenbare Mechanik. Fehlt das, sind sie AGB-rechtlich angreifbar. Verträge prüfen, Erhöhungen begründet verlangen, bei Zweifeln fachlich prüfen lassen.
Ursprünglicher Artikel: Mai 2009
Aktualisiert am 14.10.2025 von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH




