Mietrechtsänderung 2018/2019 im Rückblick – und was seitdem gilt: Modernisierung, Förderung, Mietpreisbremse, Mieterstrom
Überblick
Ende 2018 und Anfang 2019 verabschiedete der Bundestag drei für die Praxis zentrale Pakete: die steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus, das Mietrechtsanpassungsgesetz (Mietpreisbremse und Modernisierungsumlage) sowie Regelungen zu Mieterstrom. Seitdem gab es weitere Mietrechtsänderungen. Dieser Beitrag ordnet die Entwicklung ein und zeigt, was Vermieter, Verwalter und Eigentümergemeinschaften heute beachten sollten.
Teil 1 – Steuerliche Förderung: von 2019 zu heute
Sonderabschreibung 2019–2021 (damals § 7b EStG a. F.)
- Ziel: Anreize für Mietwohnungsneubau.
- Instrument: zusätzliche Sonder-AfA von bis zu 5 % p. a. für vier Jahre neben der linearen AfA (damals 2 %).
- Deckel und Kostenobergrenzen begrenzten die Anwendbarkeit stark. Viele Projekte in Ballungsräumen fielen heraus.
Seit 2023: neue Rahmenbedingungen für Neubau
- Lineare AfA für Wohngebäude auf 3 % angehoben (für ab 2023 fertiggestellte Gebäude). Zweck: wirtschaftlichere Abschreibung für kürzere Nutzungszyklen.
- Neue Sonder-AfA (§ 7b EStG n. F.) für klimafreundlichen Mietwohnungsneubau (z. B. EH 40/Nachhaltigkeitskriterien) mit zusätzlicher AfA von bis zu 5 % p. a. für vier Jahre; engere technische Anforderungen und Kostenobergrenzen.
- Degressive AfA für Wohnungsneubau zeitweise mit 5 % zur Ankurbelung des Neubaus; an Startzeiträume geknüpft.
Praxis: In der Investitionsrechnung fortan linear 3 % als Basis, Sonder-AfA oder degressive AfA nur bei Förder- bzw. Fristenpassung. Früh die technische und kostenbezogene Förderfähigkeit prüfen.
Teil 2 – Mietrechtsänderung im engeren Sinn: Mietpreisbremse, Modernisierung, Auskunftspflichten
Was 2019 kam
- Mietpreisbremse: Auskunftspflicht zur Vormiete. Effekt: bessere Durchsetzbarkeit in ausgewiesenen Gebieten.
- Modernisierungsumlage: von 11 % auf 8 % abgesenkt; Kappung max. 3 €/m² in 6 Jahren (bei Mieten > 7 €/m²), sonst 2 €/m². Vereinfachtes Verfahren bis 10.000 € mit pauschalem Erhaltungsanteil.
Was seither gilt
- Mietpreisbremse verlängert: Anwendungsmöglichkeit der Länder bis 31.12.2029. Praxis: weiterhin Länder- und Gemeindeverordnungen für das konkrete Objekt prüfen.
- Modernisierung: 8 %-Umlage und Kappungen bestehen fort. Form- und Begründungspflichten strikt einhalten, sonst Rückforderungsrisiko.
- CO₂-Kostenaufteilung (seit 2023): 10-Stufen-Modell bei Wohngebäuden. Schlechte Effizienz → Vermieteranteil bis 95 %. Gute Effizienz → Mieteranteil höher. Dokumentation über Energiekennwerte ist Pflicht.
Teil 3 – Mietrechtsänderung beim Mieterstrom und PV im Bestand
2018/2019: Grundsatz eingeführt, aber Hürden hoch
Die Kombination aus EEG-Vergütung, Mieterstromzuschlag und Abgaben machte viele Projekte nur grenzwertig wirtschaftlich. Übergangsfristen milderten Einschnitte.
Seit 2023/2024: Vereinfachungen und neue Modelle
- EEG 2023: bessere Rahmenbedingungen, höhere Vergütungssätze und Vereinfachungen für Dach-PV.
- Solarpaket I: Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung als einfache Alternative zum klassischen Mieterstrom. Strom aus der Dach-PV darf unbürokratischer an Bewohner und Gewerbe im Haus geliefert werden. Balkon-PV und Netzanschluss kleiner Anlagen erleichtert.
Praxis: In WEGs früh klären, ob gemeinschaftliche oder individuelle PV-Modelle gewollt sind. Zentrale Punkte: Zählerkonzept, Haftung, Umlagen, Abrechnung.
Konkrete Auswirkungen der Mietrechtsänderung für Vermieter, Verwalter und WEGs
Vermieter
- Mietpreisbildung: In angespannten Märkten Bremse beachten. Vormiete offenlegen. Ausnahmetatbestände sauber begründen.
- Modernisierung: Maßnahmen bündeln, Kappungsgrenzen und Fristen im Blick behalten. Vereinfachtes Verfahren nutzen, aber Nachweise vorhalten.
- CO₂-Kosten: Gebäudezustand anheben. Jede Stufe Effizienz spart umlagefähige CO₂-Anteile.
- Förder-/AfA-Mix: Kombination aus linear 3 %, Sonder-AfA oder degressiver AfA prüfen; Wechselwirkungen mit Zuschüssen beachten.
WEG und Verwalter
- Beschlussklarheit: Modernisierung, PV und Ladeinfrastruktur formal wasserdicht beschließen (Inhalt, Finanzierung, Beauftragung, Vollmachten).
- CO₂-Stufen: Energiekennwerte sammeln, dokumentieren, jährlich aktualisieren. Bei Mietverwaltung CO₂-Aufteilung korrekt ausweisen.
- PV-Modelle: Mieterstrom vs. gemeinschaftliche Gebäudeversorgung abwägen. Abrechnung und Rechtsrahmen früh festlegen.
Checkliste 2025+
- Mietrechtsänderung prüfen: Gilt die Bremse am Objektstandort bis 2029? Verordnungslage checken.
- Modernisierungsplanung: 8 %-Umlage, Kappungen, Fristen. Dokumentation vor Start klären.
- CO₂-Stufe: Energieausweiswerte erfassen. Maßnahmenpaket für nächstbessere Stufe definieren.
- Neubau-Kalkulation: Lineare AfA 3 % als Standard. Sonder-AfA/degressive AfA bei Förderfähigkeit.
- PV-Option: EEG 2023/Solarpaket nutzen. Zähler- und Vertragsmodell festlegen.
Fazit
Die Mietrechtsänderung seit 2019 wirkt an drei Hebeln: Preisregeln im Bestand, Kostenbremse bei Modernisierung und bessere Strom-Eigenversorgung im Gebäude. Für Investoren und Eigentümergemeinschaften zählt heute die operative Exaktheit: formelle Vorgaben einhalten, CO₂-Stufe verbessern, steuerliche Instrumente korrekt kombinieren und bei PV das passende Modell wählen. So bleiben Projekte rechtssicher und wirtschaftlich.
Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Aktualisiert am: 28.10.2025




