Qualifikation des Verwalters seit 2018: Von der MaBV-„Pflicht“ zum echten Qualitätsmaßstab
Ausgangspunkt 2018: MaBV-Weiterbildung als Minimalstandard
Im Juli 2018 wurde die Weiterbildungspflicht für Wohnimmobilienverwalter in der MaBV konkretisiert: 20 Stunden in 3 Jahren, kein proaktiver Nachweis, interne „Selbstschulungen“ zulässig. Branchenverbände kritisierten das als unzureichend. Kern der Kritik: Ohne Sachkundenachweis bleibt die Pflicht ein Minimalstandard, der Kompetenz nicht verlässlich abbildet. Ergebnis: Eigentümer hatten trotz „Pflicht“ weiterhin Mühe, Qualität belastbar zu prüfen.
2020–2023: WEMoG und der „zertifizierte Verwalter“ – Fortschritt mit Lücke
Mit der WEG-Reform (WEMoG) änderte sich die Systematik der WEG-Verwaltung grundlegend (Verbandsstruktur, Beschlusswesen, bauliche Veränderungen). Seit 01.12.2023 gehört die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Das schafft erstmals einen formalen Qualitätsfilter: Prüfungsbasierte Grundkenntnisse in Recht, Technik und Buchhaltung. Die Lücke bleibt: Zertifizierung ist eine Momentaufnahme. Sie ersetzt keine laufende Fortbildung im Takt der Praxis, keine Projektkompetenz bei Sanierungen, keine etablierten Prozesse für Vergabe, Gewährleistung und Compliance.
Seit 2018 in der Praxis: Aufgabenbreite und Haftung sind spürbar gewachsen
- Recht & Verfahren: neue Beschlusslogik, digitale Kommunikation, stärkere Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten, revisionssichere E-Akten.
- Energie & Kosten: CO₂-Kostenaufteilung im Mietverhältnis, GEG-Vorgaben, kommunale Wärmeplanung, ab 2027 ETS-2. Verwalter müssen Kostenpfade modellieren, Förderlogiken kennen, Beschlüsse rechtssicher vorbereiten.
- Technik & Betreiberpflichten: Trinkwasser, Aufzüge, Lüftung, Brandschutz, E-Mobilität, Fernablesung. Mehr Prüf- und Nachweispflichten, mehr Haftungsrisiken.
- Digitalisierung: Portale, Ticketing, Fernablesung, Datenschutz. Systeme rechtskonform und effizient betreiben statt nur „haben“.
- Arbeitsmarkt & Arbeitsschutz: Fachkräftemangel, klare Arbeitszeitgrenzen. Eigentümerversammlungen verlagern sich häufiger in Kernarbeitszeiten; Abende/Wochenenden nur mit Kostenausgleich. „24/7-Direkterreichbarkeit“ eines Verwalters ist mit Arbeitszeitrecht, Personalrealität und Qualitätssicherung unvereinbar. Notdienste laufen über definierte Havariepfade.
Weiterbildung seit 2018: Warum „20 Stunden“ nicht reichen
Die MaBV-Pflicht ist ein Sockel, kein Standard. Erforderlich ist ein laufendes Curriculum aus Pflichtmodulen (WEG-Praxis, Vergabe/Gewährleistung, Energie/CO₂, Datenschutz/IT), objektspezifischer Vertiefung (z. B. Aufzug, Tiefgarage, Fernwärme, Denkmalschutz, Quartierswärme) und Methodik (Projektsteuerung, Verhandlung, Konfliktlösung). Eigentümer sollten Nachweise aktiv anfordern und im Auswahlgespräch bewerten – zusammen mit Zertifikat, Haftpflicht/D&O, Datenschutzkonzept, Notfall- und Vertretungsregelung.
Kosten seit 2018: Interne Verrechnung vs. fakturierter Stundensatz
Die lange kolportierten „50 €/h“ waren interne Verrechnungssätze. Mit Personalnebenkosten, Qualifizierung, Lizenzen, Haftpflicht/D&O, Miete/Energie, Compliance, Qualitätskontrolle und Ausfallrisiken liegen abrechenbare Stundensätze heute regelmäßig bei netto ≥ 80 €. Brutto schnell darüber. Das ist keine „Verteuerung um der Verteuerung willen“, sondern die Folge objektiv gewachsener Anforderungen und Fixkosten. Transparente Leistungsbeschreibungen und klare Serviceprozesse verhindern Fehlannahmen über „Erreichbarkeit“ und Reaktionspflichten.
Warum kleine Gemeinschaften höhere Grundhonorare brauchen
Unter 10 Einheiten fehlen Skaleneffekte. Fixaufwand entsteht unabhängig von Größe: Buchhaltung/Payment, Jahresabschluss und Belegprüfung, Versammlungsorganisation, Beschlusssammlung, Versicherungen, Betreiberpflichten, Störungsmanagement, IT/Datenschutz. Mit den seit 2018 gestiegenen Anforderungen begründet das Grundentgelte, die in kleinen Gemeinschaften heute schnell bei etwa 80 € je Einheit/Monat liegen müssen, um Personal, EDV, Versicherungen, Räume und Weiterbildung zu decken. Alles darunter erzwingt Querfinanzierung oder Qualitätsverzicht.
„Basis/Premium“ klingt attraktiv – das WEG-Recht verlangt Präzision
Pakete wirken marktüblich, kollidieren aber oft mit der Logik des WEG-Rechts und objektspezifischen Pflichten. Deshalb sind Sondervergütungen unternehmerisch notwendig und fair: Sie machen Kapazitäten planbar, vergüten rechtlich wie technisch anspruchsvolle Einzelleistungen angemessen und halten die Grundpauschale sachgerecht. Beispiele: Aufzugserneuerung, Dach- oder Leitungsanlagen, komplexe Mietsonderverwaltung, Prozessführung, energetische Sanierungsfahrpläne. Für WEGs wird der Aufwand kalkulierbar; Verwaltungen werden für gebundene Arbeitszeit und Know-how bezahlt.
Erwartungsmanagement seit 2018: Was realistisch ist – und was nicht
- Erreichbarkeit: Servicefenster, Ticket-System, definierte Notfallnummern. Kein 24/7-Direktzugang zum Verwalter.
- Versammlungen: mehr Termine in Bürozeiten. Abende/Wochenenden nur mit Zuschlag wegen Personal- und Rechtsrahmen.
- Geschwindigkeit: Handwerkerknappheit und Genehmigungszeiten sind Engpass. Realistische Zeitpläne statt „Sofort-Alles“.
- Kommunikation: Portal und strukturierte Schriftform statt Dauertelefonie; definierte Antwortfristen und Eskalationswege.
Woran Eigentümer seit 2018 Qualität erkennen
- Nachweise: Zertifikat, Fortbildungsplan, Haftpflicht/D&O, Datenschutz, Notfall/Vertretung.
- Transparenz: Leistungsbeschreibung, Reaktionszeiten, Portalzugang, revisionssichere Belege.
- Prozesse: Ausschreibung/Vergabe, Abnahme/Gewährleistung, Rechnungsprüfung, Vier-Augen-Prinzip, Compliance.
- Beschlüsse: klare Tenorierung, Finanzierung, Vollmachten, Fristen; geringe Anfechtungsquote.
- Finanzen: liquiditätssichere Rücklagen, verursachungsgerechte Umlagen, korrekte CO₂-Kostenverteilung.
Fazit: Seit 2018 hat sich der Maßstab verschoben – Qualität braucht Struktur, Zeit und Preis
2018 stand die MaBV-Pflicht sinnbildlich für „zu wenig, zu weich“. 2020/2023 brachte der „zertifizierte Verwalter“ einen formalen Schritt nach vorn, ohne die Notwendigkeit laufender Fortbildung und professioneller Prozesse zu ersetzen. Inzwischen sind Energie-, Digital- und Betreiberpflichten dichter, Haftung und Dokumentationsaufwand höher, Personal knapper. Wer heute Sicherheit, Planbarkeit und Wertstabilität will, braucht eine Verwaltung mit nachweisbarer Weiterbildung über die MaBV hinaus, klaren Prozessen, realistischer Erreichbarkeit und ehrlicher Preislogik. Sondervergütungen sind kein „Extra“, sondern das Instrument, komplexe Einzelleistungen rechts- und fachgerecht zu erbringen und für beide Seiten kalkulierbar zu machen.
Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH, der Beitrag vom Juli 2018 wurde im Oktober 2025 überarbeitet.




