Teil 2 – Dauerwohnrecht (§§ 31–42 WEG) – Leitfaden für Praxis & Verwaltung

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: Oktober 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen, GdWE, Beiräte, Erbbauberechtigte)


Warum wir die §§ 31–42 als Sammelartikel bündeln

Das Dauerwohnrecht ist hochspezialisiert, in der Praxis aber seltener als „klassisches“ Wohnungseigentum. Zwölf einzelne Kurzartikel würden viel wiederholen, Suchintentionen zersplittern und die Pflege erschweren. Ein kompakter Leitfaden mit Sprungmarken liefert dir alles Relevante an einem Ort – inkl. Praxisbezug, Beispielen und klaren Abgrenzungen. Für besonders praxisnahe Themen (z. B. Heimfall, Veräußerungsbeschränkung) können wir bei Bedarf eigene Vertiefungen anlegen.


Inhaltsübersicht

Hinweis: Amtliche Verkündung erfolgt im Bundesgesetzblatt; „Gesetze im Internet“ ist die amtlich bereitgestellte, konsolidierte Lesefassung – deshalb verlinken wir dorthin für Praxis/Lesbarkeit.


§ 31 WEG – Begriffsbestimmungen

Kurz gefasst: Das Grundstück kann so belastet werden, dass der/die Begünstigte unter Ausschluss des Eigentümers eine bestimmte Wohnung bewohnt/nutztDauerwohnrecht. Entsprechendes für Dauernutzungsrecht bei nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Erstreckung auf Außenflächen ist möglich, wenn die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt.

  • Praxis: Dingliches Nutzungsrecht mit hoher Bestandskraft; veräußerlich/vererblich (s. § 33). Abgrenzung zu Wohnungsrecht § 1093 BGB (persönlich, i. d. R. nicht veräußerlich) und Nießbrauch.

§ 32 WEG – Voraussetzungen der Eintragung

Kurz gefasst: Dauerwohnrecht soll nur bestellt werden, wenn die Wohnung abgeschlossen ist. Eintragungsbewilligung + Aufteilungsplan (behördlich gesiegelt) + Abgeschlossenheitsbescheinigung als Anlagen. Das Grundbuchamt soll die Eintragung ablehnen, wenn u. a. zu § 33 Abs. 4, § 36 Abs. 1/4 keine Vereinbarungen bestehen.

  • Praxis: Inhaltlich dem WEG‑Teilungsverfahren verwandt (Plan/Bescheinigung), aber mit dauerechtlichen Besonderheiten (Heimfall/Entschädigung).

§ 33 WEG – Inhalt des Dauerwohnrechts

Kurz gefasst: Das Recht ist veräußerlich und vererblich, nicht bedingt bestellbar. § 14 WEG gilt entsprechend (ordnungsmäßiger Gebrauch). Mitbenutzung der Gemeinschaftsteile, sofern nichts anderes vereinbart. Vereinbarbar u. a.: Nutzung, Instandhaltung/Instandsetzung, Lastentragung, Versicherung/Wiederaufbau, Sicherheitsleistung.

  • Praxis: Ausgewogene Vertragsarchitektur verhindert spätere Streitpunkte (Kosten-/Pflichtenzuordnung, Brandschutz, Wiederaufbau).

§ 34 WEG – Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten

Kurz gefasst: Für Schadens‑/Verwendungsersatz gelten §§ 1049, 1057 BGB entsprechend; bei Beeinträchtigung des Dauerwohnrechts gelten die Eigentumsschutz‑Vorschriften analog.

  • Praxis: Klare Dokumentation von Veränderungen/Verbesserungen (z. B. Einbauten) – erleichtert Verwendungsersatz/Wegnahmerechte.

§ 35 WEG – Veräußerungsbeschränkung

Kurz gefasst: Zustimmung des Eigentümers oder Dritten kann als Inhalt vereinbart werden; § 12 WEG gilt entsprechend (Zustimmung darf nicht willkürlich verweigert werden etc.).

  • Praxis: Zustimmungsklauseln präzise fassen (Fristen, Versagungsgründe, Form); „Schweigen“ nicht automatisch als Zustimmung werten.

§ 36 WEG – Heimfallanspruch

Kurz gefasst: Vereinbarbarer Anspruch des Eigentümers auf Übertragung des Dauerwohnrechts beim Eintritt bestimmter Voraussetzungen (Heimfall); untrennbar mit dem Grundstück verbunden. Fristen: 6 Monate ab Kenntnis, 2 Jahre ab Eintritt der Voraussetzungen. Entschädigung kann vereinbart und ausgestaltet werden. Bei Mieterschutz‑Räumen: Heimfall nur bei mietrechtlichem Kündigungs-/Aufhebungsgrund.

  • Praxis: Heimfall sauber definieren (Tatbestände/Fristen/Entschädigungslogik). Bei Sozial‑/Wohnraumschutz: Mietrechtliche Hürden mitprüfen.

§ 37 WEG – Vermietung

Kurz gefasst: Erlischt das Dauerwohnrecht, erlischt auch das Miet-/Pachtverhältnis. Bei Heimfall/Veräußerung tritt der Erwerber/Eigentümer ein; bei Zwangsversteigerung hat der Erwerber ein § 57a ZVG‑Kündigungsrecht (entsprechend).

  • Praxis: Mietverträge mit Hinweis auf Dauerecht verfassen; bei Transaktionen Übergang sorgfältig kommunizieren.

§ 38 WEG – Eintritt in das Rechtsverhältnis

Kurz gefasst: Bei Veräußerung des Dauerwohnrechts tritt der Erwerber in die Pflichten gegenüber dem Eigentümer ein; beim Eigentümerwechsel tritt der neue Eigentümer in dessen Rechte gegenüber dem Berechtigten ein.

  • Praxis: Saubere Überleitungsvereinbarungen; offene Forderungen/Lasten bilanzieren.

§ 39 WEG – Zwangsversteigerung

Kurz gefasst: Es kann vereinbart werden, dass das Dauerwohnrecht auch bei Versteigerung trotz vorrangiger/gleichrangiger Rechte bestehen bleibt – mit Zustimmung der betroffenen Gläubiger und unter Zahlungs‑/Verhaltensauflagen.

  • Praxis: Finanzierungsverträge sorgfältig abstimmen; Rang‑/Zustimmungsmanagement früh klären.

§ 40 WEG – Haftung des Entgelts

Kurz gefasst: Vorrangige/gleichrangige Grundpfandrechte und bestimmte öffentliche Lasten erstrecken sich auf den Entgeltanspruch wie Mietforderungen – mit abweichenden Details. Verfügungsbeschränkungen über wiederkehrende Entgelte können vereinbart werden (mit Zustimmungen, vgl. § 39 Abs. 2).

  • Praxis: Cash‑Flow‑Sicherung im Vertrag regeln (Abtretungen, Treuhandkonten, Pfandrechte) – konsistent mit Gläubigerzustimmungen.

§ 41 WEG – Besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte

Kurz gefasst: Für unbegrenzte bzw. > 10‑jährige Rechte: (1) Löschungsvormerkungspflicht bei Vereinigung vorrangiger Hypothek mit Eigentum, (2) Entschädigungspflicht bei Ausübung des Heimfalls (sofern nicht anders vereinbart).

  • Praxis: Laufzeitklauseln prüfen; Entschädigungsmechanik (Wertgutachten, Index, Cap/Floor) vertraglich sauber fassen.

§ 42 WEG – Belastung eines Erbbaurechts

Kurz gefasst: Die §§ 31–41 gelten entsprechend bei Belastung eines Erbbaurechts mit Dauerwohnrecht. Beim Heimfall des Erbbaurechts bleibt das Dauerwohnrecht bestehen.

  • Praxis: Doppelprüfung: WEG‑Logik und Erbbaurechtsvertrag (Zustimmungsvorbehalte, Entgelt, Laufzeit, Heimfallfolgen). Verknüpfung zu § 30 WEG (Wohnungserbbaurecht) beachten.

Abgrenzungen (Kurz‑Glossar)

  • Dauerwohnrecht (§§ 31 ff. WEG) vs. Wohnungsrecht (§ 1093 BGB): dingliches Nutzungsrecht mit Verkehrsfähigkeit vs. höchstpersönliches Recht.
  • Dauerwohnrecht vs. Nießbrauch: Fokus Wohnen/Nutzung bestimmter Räume vs. umfassende Nutzungsziehung.
  • Dauerwohnrecht vs. Wohnungseigentum: kein Volleigentum am Grundstück, besondere Heimfall‑/Entgelt‑/Zustimmungsregeln.

Häufige Missverständnisse

  • „Dauerwohnrecht = Wohnungseigentum.“ Nein, es bleibt ein Nutzungsrecht am Grundstück/Bauwerk.
  • „Heimfall geht immer.“ Nur bei vereinbarten Voraussetzungen und Fristen; bei Mietschutz nur mit mietrechtlichem Grund.
  • „Zustimmungsklauseln kann man ignorieren.“ Im Gegenteil: Ohne Zustimmung kann die Veräußerung unwirksam oder anfechtbar sein.
  • „Bei Erbbaurecht erlischt das Dauerwohnrecht beim Heimfall.“ Falsch – § 42 Abs. 2: Es bleibt bestehen.

Best‑Practice: Checkliste für Verwaltung & Beirat

  1. Unterlagenlage: Bewilligung, Aufteilungsplan, Abgeschlossenheitsbescheinigung, Vereinbarungen (§ 33/§ 36), Gläubigerzustimmungen (§ 39/§ 40).
  2. Vertragsmatrix: WEG‑Beschlüsse plus Dauerecht‑Vereinbarungen synchron halten (Zustimmungswege, Fristen, Entschädigung).
  3. Liquidität: Entgelte/Erbbauzinsen separat ausweisen; Zahlungsflüsse und Rangfolgen dokumentieren.
  4. Kommunikation: Erwerber/Mieter/Gläubiger früh informieren; Übergänge nach § 37/§ 38 sauber abwickeln.

Fazit

Der Block §§ 31–42 WEG verbindet WEG‑Logik mit Besonderheiten eines dauerdinglichen Nutzungsrechts. Wer Eintragungsvoraussetzungen, Vertragsinhalte (insb. Heimfall/Entschädigung/Zustimmung) und die Schnittstellen zu Miete, Grundpfandrechten und Erbbaurecht im Blick behält, vermeidet Reibungsverluste und schafft Rechtssicherheit.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: Oktober 2025

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