Verwalterzustimmung bei Veräußerung: gilt auch bei Schenkung – Praxis, Aufwand, Sonderkosten und Neuerungen seit WEMoG


Leitsatz

Steht in der Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung, dass die Veräußerung von Wohnungseigentum der Verwalterzustimmung (§ 12 WEG) bedarf, erfasst das alle rechtsgeschäftlichen Übertragungen unter Lebenden – auch Schenkungen. Ausnahmen gelten nur für gesetzliche Eigentumsübergänge (z. B. Erbfall), Zwangsversteigerung oder Enteignung. Die Zustimmung darf nur aus sachlichem Grund verweigert werden; fehlt sie, kann das Gericht sie ersetzen.


Begriff und Reichweite: „Veräußerung“ ≠ nur Verkauf

  • Veräußerung ist jede rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden (Kauf, Tausch, Schenkung, Übertragung im Rahmen von Güterstandsschaukel, Einbringung in eine Gesellschaft etc.).
  • Nicht erfasst: gesetzlicher Übergang (Erbfall), Zuschlag in der Zwangsversteigerung, Enteignung. Hier ist die Verwalterzustimmung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung.
  • Steht in der Eintragung „Zur Veräußerung ist die Zustimmung des Verwalters erforderlich“, verlangt das Grundbuchamt die beglaubigte Zustimmung auch bei Schenkungen. Das dient dem Schutz vor dem Eintritt ungeeigneter Erwerber und entspricht Sinn und Zweck von § 12 WEG.

Form und Grundbuchvollzug

  • Die Zustimmung ist in der Form des § 29 GBO nachzuweisen, also regelmäßig öffentlich beglaubigt (Unterschriftsbeglaubigung).
  • Ohne (oder vor Ersetzung der) Zustimmung kein Eigentumsumschreibungsbeschluss des Grundbuchamts.
  • Ersetzung: Wird die Zustimmung ohne sachlichen Grund verweigert, kann sie das Amtsgericht auf Antrag ersetzen (§ 12 Abs. 4 WEG).

Zuständigkeit und Maßstab der Prüfung

  • Wer stimmt zu? Der in § 12 WEG als zuständig benannte „Dritte“; typischerweise der Verwalter. Alternativ kann die Gemeinschaftsordnung andere Zustimmungsadressaten vorsehen (Beirat, Miteigentümer, Dritter).
  • Prüfmaßstab: Die Zustimmung darf nur aus objektiv sachlichen Gründen verweigert werden. Maßgeblich ist, ob der Erwerb gemeinschaftliche Belange ernstlich gefährdet (z. B. greifbare Anhaltspunkte für Zahlungsunfähigkeit, schwerwiegende Störungen). Pauschale, personen- oder herkunftsbezogene Ablehnungen sind unzulässig.
  • Transparenz: Entscheidung zügig, schriftlich, mit Begründung. Bei Versagung Hinweis auf die Möglichkeit der gerichtlichen Ersetzung.

Seit WEMoG 01.12.2020: was sich geändert hat

  • Organstellung: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig (§ 9a WEG). Der Verwalter vertritt sie nach außen (§ 9b WEG). Die Zustimmung „als Dritter“ bleibt möglich, wenn die Gemeinschaftsordnung dies so vorsieht; an der Zustimmungspflicht als solcher ändert WEMoG nichts.
  • Beschlusskompetenzen: Klarere Regeln für Kosten- und Aufgabenverteilung. Für Sonderaufwand im Zusammenhang mit Eigentümerwechseln kann die Gemeinschaft per Beschluss abweichend verteilen (§ 16 Abs. 2 S. 2 WEG), z. B. eine Bearbeitungspauschale verursachergerecht dem Veräußerer auferlegen.
  • Prozessuales: Zuständigkeiten und Vertretung sind gestrafft; Anfechtungen und Ersetzungsverfahren laufen weiterhin beim Amtsgericht.
  • Zertifizierter Verwalter: Unabhängig von § 12; betrifft Qualifikation, nicht die Zustimmungspflicht. Die Form der Zustimmung (Beglaubigung) bleibt grundbuchrechtlich erforderlich.

Aufwand für Verwalter: was real anfällt

Typischer Prüf- und Prozessumfang

  • Identität/Legitimation des Erwerbers, Vollmachten, Firmenregisterauszüge bei juristischen Personen.
  • Abgleich mit Gemeinschaftsordnung/Teilungserklärung (Zustimmungsadressat, Kriterien, Fristen, ggf. Vorkaufsrechte).
  • Risikoprüfung in engen Grenzen: belastbare Anhaltspunkte für erhebliche Störungen oder Zahlungsunfähigkeit; Datenschutz beachten, nur erforderliche Nachweise verlangen.
  • Hausgeldschnitt: Stichtage, Abgrenzung laufender Kosten, Meldungen an Buchhaltung, Anpassung Stammdaten, Beschlusssammlung, Schlüssel-/Unterlagenprozess.
  • Form: Erstellung/Zeichnung der Zustimmung, Organisation der Beglaubigung, Rücklauf an den Notar.

Bearbeitungszeiten

  • Zügige Bearbeitung ist ordnungsmäßig. Üblich sind 5–10 Werktage nach Eingang vollständiger Unterlagen. Komplexe Fälle benötigen mehr Zeit; die Gründe sind zu dokumentieren.

Sonderkosten und Gebühren: wer zahlt was?

  • Notarkosten für die Unterschriftsbeglaubigung: Kostenschuldner ist derjenige, der den Notar beauftragt, regelmäßig der Verwalter bzw. die Gemeinschaft. Ein direkter Kostenansatz gegenüber Erwerber/Veräußerer durch den Notar ist unzulässig, wenn sie nicht Auftraggeber sind. Interne Erstattung ist möglich.
  • Interner Verwaltungsaufwand: Zulässig als Verwalterhonorar (Pauschale je Eigentümerwechsel) nur, wenn im Verwaltervertrag vereinbart. Außerdem kann die Gemeinschaft per Beschluss nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG eine verursacherbezogene Kostentragung regeln (z. B. Bearbeitungspauschale für Eigentümerwechsel, Auskehrung der Notarkosten an den Veräußerer). Der Beschluss muss klar, einheitlich und verhältnismäßig sein.
  • Sonderumlagen/Abgrenzungen: Bei laufenden Verfahren, Sonderumlagen, Guthaben oder Nachzahlungen regeln Kaufvertrag und GO die interne Lastenverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber; gegenüber der Gemeinschaft bleibt die gesetzliche Schuldnerschaft maßgeblich. Klare Informationsweitergabe an Notar und Parteien ist zweckmäßig.

Wann darf die Zustimmung verweigert werden?

  • Nur bei gewichtigen, belegten Gründen, die die Gemeinschaftsbelange gefährden (z. B. verlässliche Nachweise wiederholter massiver Störungen, belegte gravierende Zahlungsunfähigkeit mit Risiko für Wohngeldstabilität). Bloße Vermutungen reichen nicht.
  • Unzulässig: Diskriminierende Kriterien, pauschale Ablehnung bestimmter Berufe/Herkünfte, „Sippenhaft“ für Verhalten Dritter, „Erpressung“ von Zustimmung gegen Zahlung nicht geschuldeter Beträge.
  • Hausgeldrückstände des Veräußerers allein rechtfertigen keine Versagung der Zustimmung. Zulässig ist aber, die Begleichung fälliger Gemeinschaftsforderungen einzufordern und dies im Informationsfluss an Notar/Parteien zu berücksichtigen.

Checkliste für eine reibungslose Verwalterzustimmung

Vom Notar/Veräußerer einzureichen

  • Entwurf der Auflassung/Grundschuldreihenfolge mit Zustimmungsbitte und Frist.
  • Vollständige Erwerberdaten, bei Firmen: Registerauszug, Vertretungsnachweise.
  • Aktuelle Hausgeldbescheinigung und Angabe offener Posten; Information zu laufenden Beschlüssen/Sonderumlagen.
  • Falls GO besondere Kriterien vorsieht: entsprechende Nachweise (z. B. Nutzungsart, Stellplatznutzung, Gewerbezulässigkeit).

Vom Verwalter intern

  • GO/TE prüfen: Zuständigkeit, Fristen, Besonderheiten (Vorkaufsrechte, Personenkreise).
  • Rückstände/anhängige Verfahren ermitteln und kommunizieren.
  • Beschlusssammlung, Hausordnung, Umlageschlüssel für den Übergang bereitstellen.
  • Beglaubigungstermin organisieren, Dokumentation ablegen.

FAQ

  • Gilt die Zustimmungspflicht auch bei Schenkung? Ja. „Veräußerung“ umfasst auch unentgeltliche Übertragungen.
  • Kann die Gemeinschaft die Zustimmung „automatisch“ erteilen? Ja, wenn die GO die Zuständigkeit der Gemeinschaft vorsieht. Ohne Regelung bleibt es bei der in der Eintragung benannten Stelle (häufig Verwalter).
  • Wie lange ist eine Zustimmung gültig? Üblich sind Fristen, die sich am Vollzug orientieren. Verfällt der Vollzug, ist regelmäßig eine neue Zustimmung einzuholen.
  • Darf der Verwalter eine „Gebühr“ verlangen? Nur, wenn sie vertraglich mit der Gemeinschaft vereinbart ist. Zusätzlich kann die Gemeinschaft per Beschluss die internen Kosten dem Veräußerer zuordnen.

Praxisempfehlung

  • Klar regeln: Verwaltervertrag mit Pauschale je Eigentümerwechsel; GO-Bestimmung zur Zuständigkeit und zu sachlichen Versagungsgründen; Beschluss nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG zur Kostenzuordnung.
  • Standardisieren: Musteranforderungen an Notare, Checklisten, feste Schnittstellen zur Buchhaltung.
  • Dokumentieren: Gründe, Fristen, Kommunikation; das reduziert Haftungsrisiken und beschleunigt den Grundbuchvollzug.

Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Aktualisiert am: 23.10.2025