Fahrräder in WEG-Anlagen: Hausordnung, Tiefgarage, Brandschutz und aktuelle Praxis
Ausgangspunkt 2018: LG München erlaubt Verbot, Fahrräder in die Wohnungen zu bringen
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf per Hausordnung regeln, dass Fahrräder nicht in die Wohnungen transportiert werden. Das Landgericht München hielt ein solches Verbot für zulässig, wenn zumutbare Alternativen existieren (Fahrradraum, Keller, privater Stellplatz). Rollstühle und Kinderwagen sind damit nicht gleichzusetzen, weil sie dem unmittelbaren Wohngebrauch und der Barrierefreiheit dienen, Fahrräder dagegen primär Verkehrsmittel sind.
Stand heute nach WEMoG: Beschlusskompetenz, Ordnung, Verhältnismäßigkeit
- Beschlusskompetenz: Vorgaben zur Nutzung des Gemeinschaftseigentums und Nebenflächen sind Teil ordnungsmäßiger Verwaltung. Eine Hausordnung kann Transport und Abstellen von Fahrrädern steuern, wenn Alternativen vorhanden sind und keine unbillige Benachteiligung entsteht. Umsetzung über Beschluss in der Eigentümerversammlung.
- Brandschutz/Rettungswege: Treppenräume, Podeste, Flure sind freizuhalten. Fahrräder dürfen Flucht- und Rettungswege nicht einschränken. Gilt für Räder, Pedelecs und Lastenräder.
- Gleichbehandlung: Differenziertes Verbot (Fahrräder nein, Rollstuhl/Kinderwagen ja) ist zulässig, wenn es sachlich begründet ist (Barrierefreiheit, Rettungswege, Brandlast).
Treppenhaus und Flure: kurz tragen, nicht stellen
Dauerhaftes Abstellen im Treppenhaus ist regelmäßig unzulässig. Ein kurzzeitiger Transport durch das Treppenhaus in Keller, Fahrradraum oder Wohnung kann erlaubt sein, wenn nichts beschädigt oder blockiert wird. Hausordnungen dürfen Zeitfenster und Schonpflichten (Schutzmatten, saubere Reifen) vorgeben.
Fahrradräume und Keller: Nutzungspflicht und Ausbau
- Weist die Gemeinschaft einen Fahrradraum aus, kann die vorrangige Nutzung per Beschluss angeordnet werden. Ein Anspruch, ein Fahrrad in der Wohnung zu lagern, besteht nicht.
- Bei Kapazitätsengpässen: bauliche Veränderungen (Hänge-/Schienensysteme, Anlehnbügel, Lastenradplätze) nach § 20 WEG beschließen.
- Diebstahlschutz: Schließsysteme, Beleuchtung, ggf. Videoüberwachung (DSGVO-konform) beschließen; Kennzeichnungspflicht für Räder einführen.
Fahrräder in Tiefgaragen: Regeln, Grenzen, Laden von E-Bikes
- Eigener Kfz-Stellplatz: Ob Fahrräder dort stehen dürfen, ergibt sich aus Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung und Brandschutz. Häufig ist „Lagern fremder Gegenstände“ untersagt. Üblich: Erlaubnis für ein Fahrrad je Stellplatz, wenn Markierung, Fahrgasse und Rettungswege frei bleiben. Immer Vereinbarung prüfen.
- Gemeinschaftsflächen: In Fahrgassen, vor Toren, Technikräumen, Türen keine Abstellung. Haftungs- und brandschutzrechtlich zwingend.
- E-Bike/Pedelec-Laden: Nur an freigegebenen Anschlüssen/Plätzen mit Betreiberkonzept. Ad-hoc-Laden an Steckdosen ohne Freigabe untersagen. Ggf. separate Ladezone mit Abschaltkonzept, Beschilderung und Nutzungsordnung beschließen.
Lastenräder, Kinderanhänger, Fahrradanhänger
Gleiche Grundsätze. Mehr Platzbedarf erfordert markierte Zonen im Fahrradraum oder ausgewiesene Stellplätze. Für Anhänger Haken-/Schienelösungen vorsehen, um Stolperstellen zu vermeiden.
Keine Diskriminierung bei sachlicher Begründung
Ein Verbot, Fahrräder in Wohnungen zu bringen, ist kein unzulässiger Nachteil, wenn sichere Abstellalternativen bereitstehen. Rollstühle/Kinderwagen sind anders zu behandeln. Maßgeblich sind Sachgrund, Verhältnismäßigkeit, Alternativen.
Typische Beschlussbausteine
- Hausordnung: Kein dauerhaftes Abstellen von Fahrrädern in Treppenhaus/Fluren; Transport nur schonend; Verschmutzungen sofort beseitigen.
- Abstellpflicht: Fahrräder gehören in Fahrradraum, Keller oder auf den eigenen Stellplatz, soweit erlaubt. Lastenräder: markierte Zone.
- Diebstahlschutz: Schließanlage, Beleuchtung, ggf. Video (DSGVO beachten), Anlehnbügel; Kennzeichnungspflicht.
- E-Bike-Regeln: Laden nur an freigegebenen Anschlüssen/Plätzen; keine Akkus im Treppenhaus; Hinweise zu Hersteller-/Versicherervorgaben.
- Haftung: Gemeinschaft haftet nicht für private Sicherung; nur für beschlossene Sicherheitsstandards.
Wenn Diebstähle auftreten: strukturierte Reaktion
- Vorfälle dokumentieren (Zeit, Ort, Zugang, ggf. Video).
- Schwachstellenanalyse (Türen, Schlösser, Sichtachsen, Vergitterung).
- Sofortmaßnahmen beschließen: Schließanlage, Beleuchtung, Bewegungsmelder, Zutrittskonzept.
- Langfristig: Ausbau Fahrradraum, zusätzliche Plätze, klare Nutzungsordnung.
Mieter und Sondereigentum: Schnittstellen sauber halten
In vermieteten Einheiten gelten Mietvertrag und Hausordnung. Ein Verbot des dauerhaften Abstellens von Fahrrädern im Treppenhaus ist auch mietrechtlich zulässig. Kurzzeitiger Transport bleibt erlaubt. In der Mietverwaltung konsistent umsetzen.
Best Practice für WEGs
- Bestandsaufnahme: Wie viele Fahrräder, welche Typen (Pedelec/Lastenrad), wie viele Stellplätze?
- Konzept: Stellplätze, Laufwege, Brandschutz, Diebstahlprävention, Reinigung, Beschilderung.
- Beschlüsse: Hausordnung plus Anlagen (Lageplan, Piktogramme), Sanktionen bei Verstößen.
- Kommunikation: Aushänge mit Piktogrammen, FAQs, jährliche Erinnerung, Beirat einbinden.
FAQ
- Darf ich mein teures Fahrrad in der Wohnung lagern? Nur wenn die Hausordnung das zulässt und der Transport keine Schäden/Blockaden verursacht. Ein generelles Verbot ist zulässig, wenn Alternativen bestehen.
- Darf ich auf meinem TG-Stellplatz Fahrräder abstellen? Nur wenn Teilungserklärung/Ordnung und Brandschutz es erlauben und Markierung, Fahrgasse, Rettungswege frei bleiben.
- Darf ich den E-Bike-Akku im Treppenhaus laden? Nein. Treppenräume sind frei zu halten. Laden nur an freigegebenen Plätzen.
- Gilt etwas anderes für Lastenräder? Gleiche Regeln. Mehr Platzbedarf erfordert markierte Stellflächen.
Fazit
WEGs dürfen den Transport von Fahrrädern in Wohnungen untersagen, wenn sie praktikable Abstellalternativen bereitstellen. In Tiefgaragen entscheidet die Gemeinschaftsordnung und der Brandschutz. Wer klare Hausordnungen beschließt, Fahrradraum und Sicherheit ausbaut sowie E-Bike-Regeln definiert, schützt Rettungswege, reduziert Schäden und Streit und schafft alltagstaugliche Bedingungen für alle Nutzergruppen.
Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Aktualisiert am: 27.10.2025




