Mietrecht und Urteile: Weihnachtsdeko im Advent – was Mieter, Vermieter und WEG beachten müssen

Lichterketten im Fenster, Sterne am Balkon, Tannenduft im Treppenhaus: Zur Adventszeit stellt sich jedes Jahr die Frage, was Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht erlauben. Der folgende Überblick fasst die Rechtsprechung zusammen, ordnet sie nach Miet- und WEG-Praxis ein und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für Verwalter.


Grundsatz: Vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache

– Das Anbringen von Lichterketten im Fenster oder am Balkon gehört grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung; der Vermieter muss dies dulden, solange der Gesamteindruck des Hauses nicht unzumutbar beeinflusst wird (AG Eschweiler, Urt. v. 01.08.2014, 26 C 43/14).

Gartenflächen, die nicht mitvermietet sind, dürfen ohne Erlaubnis des Vermieters nicht dekoriert werden (illuminierter Baum, Figuren).

Balkondeko an der Innenseite des Geländers ist regelmäßig zulässig, soweit Nachbarn nicht erheblich gestört werden (Helligkeit, Blinkfrequenz, Betriebszeiten).

– Rechtsgrundlagen im Mietrecht: § 535 BGB (Gebrauchsgewährung), Rücksichtnahmepflichten der Parteien.


Mietminderung und Unterlassung bei übermäßiger Beleuchtung

– Blendende oder grelle Beleuchtung, die in Schlafräume strahlt, kann abzustellen sein; regelmäßig gilt als Orientierung: Ruhe ab 22:00 Uhr. Betroffene Mieter wenden sich an den Vermieter; bei erheblicher Beeinträchtigung kommt eine Mietminderung in Betracht (Hinweise DMB).

– Der Nachbar kann sich beschweren, wenn sein Grundstück direkt ausgeleuchtet wird oder grelle Lichter unmittelbar in Wohn- oder Schlafräume strahlen (Haus & Grund-Positionen).


Kündigung nur ausnahmsweise

– Lichterketten in Fenstern/Balkon sind typischer Weihnachtsbrauch; allein deshalb ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt (LG Berlin, Urt. v. 01.06.2010, 65 S 390/09).

– Selbst bei vertraglichem Außenverbot wäre ein Verstoß regelmäßig eine geringfügige Pflichtverletzung, die weder fristlose noch ordentliche Kündigung trägt (LG Berlin a. a. O.).


Treppenhaus & Gemeinschaftsflächen

Duftkerzen/Intensivdüfte im Flur können unzulässig sein (bestimmungswidrige Nutzung des Gemeinschaftsbereichs; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.05.2003, 3 Wx 98/03).

Dezente Türkränze an der Wohnungstür sind unproblematisch (LG Düsseldorf, Beschl. v. 10.10.1989, 25 T 500/89).

– Eine Voll-Dekoration des Treppenhauses kann untersagt und entfernt werden (AG Münster, Urt. v. 23.07.2008, 38 C 1858/08; AG Münster, Urt. v. 22.07.2003, 3 C 2122/03).

– Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung: Mitgestaltung ja, Behinderung nein – Fluchtwege müssen frei bleiben; Nachbarn dürfen nicht behindert werden (BGH, Urt. v. 10.11.2006, V ZR 46/06).

– WEG-Bezug: Rücksichtnahmepflichten der Eigentümer nach § 14 WEG, ordnungsmäßige Verwaltung § 19 WEG.


Außenbereich, Fassade & Verkehrssicherung

Fassadenbefestigungen (z. B. kletternder Weihnachtsmann) erfordern regelmäßig Zustimmung des Vermieters/der WEG, da bauliche Veränderung; Bohrungen sind heikel.

Verkehrssicherungspflicht: Außendeko ist sturmsicher zu befestigen; herabfallende Teile begründen Haftung des Eigentümers/der WEG.

– Balkonbaum/Nikolaus an der Brüstung ist grundsätzlich zulässig; Dübellöcher kann der Mieter schadensersatzpflichtig zu beseitigen haben.

– WEG-Bezug: Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum sind – soweit erforderlich – (Mehrheits-)Beschlusssache; bauliche Veränderungen unter § 20 WEG (seit WEMoG).


Brandschutz & Sorgfaltspflichten

Wunderkerzen am Baum mit Brandfolge: grobe Fahrlässigkeit möglich (LG Offenburg, Urt. v. 17.10.2002, 2 O 197/02).

– Kein grob fahrlässiges Verhalten, wenn ein Kind/Wachaufsicht in Ausnahmekonstellation den Schaden verursacht (OLG Frankfurt, Urt. v. 18.05.2006, 3 U 104/05) – Einzelfallprüfung.

Gebäudeversicherung des Vermieters trägt Brandschäden bei nur einfacher Fahrlässigkeit des Mieters (BGH, Urt. v. 05.12.2008, VIII ZR 67/06).


Einordnung für WEG-Verwaltung

Hausordnung als Steuerungsinstrument: Betriebszeiten von Lichterketten (z. B. 16–22 Uhr), Verbot greller Blinkeffekte, Sicherungs- und Befestigungsstandards; Beschlusskompetenz nach § 19 WEG.

Gemeinschaftsflächen (Treppenhaus, Foyer, Außenanlagen): Nutzung nur im Rahmen beschlossener Regeln; Dekoration der Gemeinschaft durch Beschluss (Budget/Umfang/Zeiträume).

Gefahrenabwehr: Bei akuten Risiken (herabstürzende Deko, blockierte Fluchtwege) darf die Verwaltung unverzüglich einstweilige Maßnahmen treffen; Beschluss-Nachholung in der nächsten Versammlung (Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, Eilkompetenz aus Gefahrenabwehr).

Kommunikation: Deeskalation vor Sanktion – erst Hinweis, dann Frist, schließlich Durchsetzung (Entfernung auf Kosten des Störers), Rückgriff auf § 14 WEG (Rücksichtnahme) i. V. m. Hausordnung.


Einordnung für Mietverwaltung

Erlaubtes vs. Erlaubnispflichtiges: Innenliegende Fenster-/Balkonbeleuchtung regelmäßig erlaubt; Eingriffe in Fassade/Bohrungen/Leitungsanschlüsse nur mit Zustimmung.

Störungen (Blendung, Lärm durch Blinkdichte): Abhilfeverlangen beim Störer; Ab 22:00 Uhr strenger Maßstab. Bei Verweigerung: Abmahnung; in gravierenden Fällen Minderungsabwehr gegenüber Betroffenen durch zügige Störungsbeseitigung.

Brandschutz: Merkblatt zu offenen Flammen, Mehrfachsteckern, Leitungsquerschnitten; Dokumentation im Vorgang.

Nachbarschaftskonflikte: Vermittlung, klare Fristen, wenn nötig technische Lösungen (Timer/Dimmer/Abschirmung).


Praxis: Schritt-für-Schritt für Verwalter

1. Eingang & Ticket: Vorgang im ERP/Ticketsystem anlegen (z. B. Immoware24), Fotos/Videos sichern, Beteiligte erfassen (Mieter/Eigentümer/Nachbarn).

2. Einordnung: Innen/Balkon (idR zulässig) vs. Fassade/Gemeinschaft (zustimmungs-/beschlusspflichtig). Prüfen, ob Hausordnung/WEG-Beschluss existiert.

3. Gefährdung checken: Standsicherheit, Fluchtwege, Blendwirkung; bei Gefahr sofortige Abstellung anordnen (Gefahrenabwehr), Nachholung Beschluss/Abmahnung.

4. Kommunikation: Schriftlicher Hinweis mit konkreter Erwartung (z. B. Abschaltzeit 22:00 Uhr, Dimmen, Versetzen), Fristsetzung, Rechtsfolgen darstellen.

5. Durchsetzung: Bei Nichtbefolgung Entfernung/Abschaltung veranlassen (WEG: auf Kosten Störer nach Beschlusslage; Mietverwaltung: Abmahnung/weitergehende Schritte).

6. Dokumentation: Maßnahmen, Fristen, Reaktionen, ggf. Minderungsmanagement; Abschluss im Ticket, Archivierung für Wiederholungsfälle.


FAQ kurz & knapp

Darf der Vermieter Lichterketten verbieten? Nur bei konkreter Störung/Gefährdung oder vertraglicher Regelung; reine Adventsbeleuchtung ist grundsätzlich hinzunehmen.

Wie lange darf beleuchtet werden? Orientierung: 22:00 Uhr Nachtruhe. Technische Timer/Dimmer sind praktikable Lösungen.

Wer haftet bei herabfallender Deko? Eigentümer/WEG im Rahmen der Verkehrssicherung; Regress beim Verursacher möglich.

Treppenhaus schmücken? Dezent ja (Türkranz), Voll-Deko nein; Hausordnung/WEG-Beschluss beachten.


Rechtsprechung (Auswahl): AG Eschweiler 26 C 43/14; LG Berlin 65 S 390/09; OLG Düsseldorf 3 Wx 98/03; LG Düsseldorf 25 T 500/89; AG Münster 38 C 1858/08; AG Münster 3 C 2122/03; BGH V ZR 46/06; LG Offenburg 2 O 197/02; OLG Frankfurt 3 U 104/05; BGH VIII ZR 67/06.

Gesetzesverweise: § 535 BGB; § 14 WEG; § 19 WEG; § 20 WEG.


Ursprünglicher Artikel: Dezember 2025

Aktualisiert am 01.12.2025 von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH