Weiterbildungspflicht darf nicht fallen: Warum professionelle Wohnimmobilienverwaltung ohne laufende Fortbildung ein Risiko ist
Aktualisiert am: 24.10.2025
Auslöser: Referentenentwurf zur Abschaffung der Weiterbildungspflicht
Der angekündigte Bürokratieabbau sieht vor, die Weiterbildungspflicht für Wohnimmobilienverwalter ersatzlos zu streichen. Konkret stünde die Streichung von Vorgaben in GewO und MaBV im Raum. Die Idee: weniger Formalien, weniger Nachweise. Aus Sicht der Praxis ist das kurzsichtig. Verwaltung von Gemeinschaftsvermögen, Haftungsrisiken und hochdynamische Rechtsänderungen verlangen nach belastbarer Weiterbildungspflicht und nachweisbarer Fortbildungskultur.
Realität 2025: Der Job ist anspruchsvoller als 2018
- WEG nach WEMoG: Neue Spielregeln zu Beschlusskompetenzen, abweichender Kostenverteilung, privilegierten baulichen Veränderungen, Jahresabrechnung und Vertretung erfordern geübte Anwendung im Detail – nicht nur Grundwissen.
- Energie & Wärme: Förderkulissen, kommunale Wärmeplanung, Modernisierungspflichten, CO₂-Kosten-Verteilung, Mess- und Abrechnungsthemen. Fehler kosten schnell fünf- bis sechsstellige Summen.
- Digitalisierung: Fernablesung, Smart-Meter-Rollout, Datensicherheit, Anbietersteuerung. Ohne Fortbildung drohen Datenschutz- und Vertragsfallen.
- Bautechnik & Instandhaltung: Serienschäden, Abdichtungen, Fenster, Balkone, Trittschall, Brandschutz. Die richtige Einordnung zwischen Instandsetzung, Modernisierung und Kostentragung ist Fortbildungssache.
- Recht & Prozesse: Aktuelle Rechtsprechung zu Beschlüssen, Vertretung, Stimmrechtsverbot, Anfechtung, Verwalterzustimmung. Jede Saison bringt neue Leitentscheidungen.
Fazit: Der „Beruf Wohnimmobilienverwalter“ hat sich weg vom reinen Bestandsorganisator hin zum Risikomanager, Moderator und Projektsteuerer entwickelt. Eine belastbare Weiterbildungspflicht ist logische Folge, kein Selbstzweck.
Warum „zertifizierter Verwalter“ die Weiterbildung nicht ersetzt
Die Zertifizierung bestätigt einen Wissensstand zu einem Stichtag. Sie ist wichtig, aber statisch. Komplexität entsteht danach: neue Urteile, neue Erlasse, neue Technik, neue Förderbedingungen. Ohne laufende Weiterbildungspflicht fällt die Brücke zwischen Zertifikat und Tagespraxis weg. Qualität sinkt dort zuerst, wo sie am wenigsten sichtbar ist: in Vorbereitung von Beschlüssen, Verträgen, Abnahmen, Abrechnungen.
Kritik am „Bürokratie“-Argument
- Nachweislast ist schlank: Seriöse Verwaltungen dokumentieren Fortbildung ohnehin. Stichproben genügen.
- Kosten/Nutzen: Eine Stunde Fortbildung verhindert häufig Fehler mit Vielfachen der Kosten. Das ist gelebter Verbraucherschutz.
- Marktstruktur: Freiwilligkeit benachteiligt Qualitätsanbieter. Eine Weiterbildungspflicht schafft Mindeststandards, auf die Eigentümer bauen können.
Was heute einen guten Wohnimmobilienverwalter ausmacht
- Rechtssicher führen: Einladungen, Tagesordnungen, Beschlussformulierungen, Protokolle – formal fehlerfrei und inhaltlich tragfähig.
- Technik verstehen: Von Abdichtung bis Zählerfernablesung. Praxisfälle sicher in Beschlüsse und Verträge übersetzen.
- Geld steuern: Wirtschaftspläne, Rücklagenstrategie, Sonderumlagen, Liquiditätsmanagement, Fördermittel.
- Konflikte moderieren: Mehrheit und Minderheit, Nachbarschaftsrecht, Sondernutzungen, Untergemeinschaften.
- Projekte liefern: Sanierungskonzepte, Angebote, Vergaben, Bauüberwachung, Gewährleistung, Regress.
Keiner beherrscht das aus dem Stand. Es lebt von routinierter, planvoller Fortbildung – also von gelebter Weiterbildungspflicht.
Unser Vorschlag: Pflicht erhalten, Nachweis vereinfachen
- Beibehalten einer quantifizierten Weiterbildungspflicht mit realistischem Umfang über drei Jahre.
- Entbürokratisieren durch digitale Selbsterklärung, stichprobenartige Prüfungen, anerkannte Formate (Präsenz, Live-Online, E-Learning, Inhouse).
- Inhalte schärfen: Pflichtmodule für Recht, Energie/Technik, Abrechnung/Digital, plus freie Wahl je Portfolio.
Checkliste für Eigentümergemeinschaften: Woran erkennen Sie gelebte Weiterbildung?
- Schriftliches Fortbildungskonzept und Jahresplan.
- Nachweise der letzten drei Jahre, thematisch sortiert.
- Regelmäßige Team-Updates zu neuer Rechtsprechung und Gesetzesänderungen.
- Vorlagen- und Prozesspflege nach Fortbildungen (z. B. neue Musterbeschlüsse).
- Externe Qualitätssiegel sind ein Plus, aber niemals Ersatz für aktive Fortbildung.
Hausverwaltung Reiner: Unser Standard zur Weiterbildungspflicht
- Verpflichtende Fortbildung aller Fachfunktionen über ein internes Minimum hinaus; die Weiterbildungspflicht sehen wir als Untergrenze, nicht als Ziel.
- Quartalsweise Rechts- und Technik-Updates mit Falltransfer in unsere Muster und Prozesse.
- Dokumentation sämtlicher Inhalte und Stunden; Einsicht auf Anfrage für Beirat/Eigentümer.
- Praxisfokus: Workshops zu Beschlussqualität, Abrechnungssicherheit, Bau- und Energieprojekten.
Unser Ziel ist messbare Qualität in der täglichen Verwaltung – nicht Papiererfüllung. Deshalb befürworten wir die Weiterbildungspflicht und leben sie bereits heute auf höherem Niveau.
Schlussfolgerung
Wohnimmobilienverwaltung ist Vermögensverwaltung mit Technik- und Rechtsbezug. Das verlangt Standards. Eine schlank nachweisbare Weiterbildungspflicht schützt Eigentümer, stabilisiert Qualität und senkt langfristig Kosten. Wer sie streicht, spart auf dem Papier und riskiert in der Praxis Fehlentscheidungen, Streit und teure Korrekturen. Besser: Pflicht erhalten, Nachweis vereinfachen, Inhalte schärfen.
Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
