§ 16 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Nutzungen und Kosten


Einleitung

In einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) fallen zahlreiche Kosten an – Verwaltung, Erhaltung und gemeinschaftlicher Gebrauch des Gemeinschaftseigentums. Gleichzeitig stehen den Eigentümern Nutzungen (Früchte/Erlöse) aus dem Gemeinschaftseigentum zu. § 16 WEG regelt die Verteilung von Nutzungen und Kosten und – in klaren Grenzen – die Beschlusskompetenz für abweichende Verteilungsschlüssel. Für Hausgeldabrechnung, Wirtschaftsplan und Sonderumlagen ist diese Norm zentral.


Gesetzestext von § 16 WEG (Stand 2025)

§ 16 WEG – Nutzungen und Kosten

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.


Kernaussagen und Praxisbedeutung

  • Nutzungen: Erlöse/Früchte aus Gemeinschaftseigentum stehen den Eigentümern nach MEA zu (Abs. 1).
  • Kosten: Grundsatz der Verteilung nach Miteigentumsanteilen (Abs. 2 S. 1).
  • Abweichende Schlüssel per Beschluss: Für einzelne Kosten oder Arten von Kosten kann die GdWE abweichende Verteilungen beschließen (Abs. 2 S. 2).
  • Bauliche Veränderungen: Für Kosten und Nutzungen solcher Maßnahmen gilt § 21 WEG (Abs. 3).

1. Nutzungen des Gemeinschaftseigentums (Absatz 1)

Zu den Nutzungen zählen z. B. Mieten/Pachten aus der Vermietung gemeinschaftlicher Flächen, Einspeisevergütungen einer PV-Anlage oder Werbeeinnahmen. Verteilung grundsätzlich nach MEA. Gleichzeitig garantiert Absatz 1 den Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums im Rahmen von § 14 WEG.


2. Kosten der Gemeinschaft (Absatz 2 Satz 1)

„Kosten der Gemeinschaft“ sind insbesondere Verwaltungs-, Betriebs- und Gebrauchskosten des Gemeinschaftseigentums (z. B. Verwalterhonorar, Treppenhausstrom, Versicherungen). Verteilung proportional zu den im Grundbuch eingetragenen MEA (nicht – wie oft irrtümlich angenommen – nach Wohnfläche per se).


3. Abweichende Kostenverteilung durch Beschluss (Absatz 2 Satz 2)

Die Eigentümer können für einzelne Kosten (z. B. Aufzug) oder bestimmte Kostenarten (z. B. Heiz-/Betriebskosten, Reinigung, Gartenpflege) eine abweichende Verteilung beschließen. Zulässig sind u. a. Verbrauchs-, Verursachungs- oder Nutzungsmaßstäbe. Dies gestattet eine sachgerechte, praxisnahe Allokation (z. B. Aufzugkosten nur für den betroffenen Aufgang; PV-Kosten nur für Nutzer eines Mieterstrommodells).

Wichtig in der Praxis: Der Beschluss muss klar die betroffenen Kosten/Kostenarten, den Maßstab (z. B. Verbrauch, Nutzung, Einheitenzahl) und den Geltungsbeginn festlegen; er wirkt grundsatzmäßig künftig (nicht für bestandskräftig genehmigte Abrechnungen).


4. Bauliche Veränderungen (Absatz 3 i. V. m. § 21 WEG)

Kosten- und Nutzenverteilung bei baulichen Veränderungen (z. B. Anbau Balkone, Fassadendämmung, Ladeinfrastruktur) richtet sich nicht nach § 16 Abs. 2, sondern nach § 21 WEG (Sonderregeln, u. a. Beteiligung nur der Begünstigten möglich).


5. Sondernutzungsrechte & „Kostenbefreiung“

Ein Automatismus existiert nicht. Sondernutzungsrechte können per Vereinbarung (Gemeinschaftsordnung) oder per Beschluss mit einer abweichenden Kostenregel (z. B. Pflege des Sondernutzungs-Gartens durch den Berechtigten) verknüpft werden. Ohne solche Regel gilt die gesetzliche MEA-Verteilung.


6. Praxisbeispiele

  • Aufzug nur in Haus A: Beschluss: Aufzugkosten werden nur nach MEA der Einheiten im Haus A verteilt.
  • Heizkosten: Beschluss: 30 % Grundanteil nach MEA, 70 % nach Verbrauch (Abrechnungssystem vorhanden).
  • Gartenpflege bei Sondernutzungsrecht: Vereinbarung/Beschluss: Pflege- und Erhaltungskosten trägt der Sondernutzer.
  • PV-Anlage: Einspeiseerlöse nach MEA; abweichend zulässig (z. B. nur teilnehmende Eigentümer), sofern wirksam beschlossen.

7. Häufige Missverständnisse

  • „Abs. 5 verlangt immer Zustimmung der Mehrbelasteten.“ – Einen Absatz 5 mit Zustimmungserfordernis gibt es im geltenden § 16 nicht. Schutz bieten die Maßstäbe ordnungsmäßiger Verwaltung und Anfechtungsrechte.
  • „Sondernutzungsrechte befreien automatisch von Kosten.“ – Nur bei vereinbarter oder beschlossener Abweichung.
  • „Kostenverteilung = immer Wohnfläche.“ – Gesetzlich ist der MEA maßgeblich; abweichend nur per Vereinbarung/Beschluss.

FAQs zu § 16 WEG

Dürfen wir die Kostenverteilung jederzeit ändern?

Für einzelne Kosten/Kostenarten ja – per Beschluss nach Abs. 2 S. 2; für bauliche Veränderungen gilt § 21 WEG.

Rückwirkende Änderung möglich?

Nur für noch nicht bestandskräftige Perioden; genehmigte Abrechnungen bleiben unberührt.

Wie verteilen wir Erlöse (Nutzungen)?

Grundsätzlich nach MEA (Abs. 1); abweichend nur per Vereinbarung/Beschluss.

Müssen „Mehrbelastete“ zustimmen?

Ein ausdrückliches Zustimmungserfordernis steht nicht im § 16. Der Beschluss muss aber ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen; andernfalls ist er anfechtbar.


Fazit

§ 16 WEG verbindet das MEA-Prinzip mit flexibler Beschlusskompetenz für sachgerechte Schlüssel. Wer Abweichungen sauber beschließt (klarer Anwendungsbereich, Maßstab, Geltung ab), minimiert Streit und hält Abrechnung und Wirtschaftsplanung rechtssicher. Für bauliche Veränderungen sind stets die Sonderregeln des § 21 WEG zu beachten.

Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: September 2025