§ 18 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Verwaltung und Benutzung


Einleitung

§ 18 WEG ist das organisatorische Fundament jeder Gemeinschaft: Er legt fest, wer die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums innehat, welche Mindestansprüche jeder Eigentümer an Verwaltung und Benutzung hat, welche Eilbefugnisse bestehen – und (besonders praxisrelevant) das Einsichtsrecht in Verwaltungsunterlagen. Die Norm ist damit tägliches Handwerkszeug für Verwalter, Beirat und Eigentümer.


Gesetzestext von § 18 WEG (vollständig, Stand 2025)

(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

(2) Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
1. eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie
2. eine Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums
verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen (ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung) und, soweit solche bestehen, den gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüssen entsprechen.

(3) Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.

(4) Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen.


Kernpunkte von § 18 WEG

  1. Träger der Verwaltung: Immer die Gemeinschaft – nicht der Verwalter als Person. Der Verwalter handelt als Vertreter/Erfüllungsgehilfe (insb. §§ 9a, 9b, 27 WEG).
  2. Mindeststandard: Jeder kann ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung verlangen – Maßstab ist das billige Ermessen der Gesamtheit sowie Gesetz, Vereinbarungen, Beschlüsse.
  3. Eilkompetenz: Einzelne Eigentümer dürfen Gefahrabwehrmaßnahmen treffen (Rohrbruch etc.), wenn sofortiges Handeln nötig ist.
  4. Einsichtsrecht: Umfassender Anspruch auf Einsicht in Verwaltungsunterlagen gegenüber der GdWE (Abs. 4); erfüllt wird er organisatorisch regelmäßig durch den Verwalter.

Ordnungsmäßige Verwaltung & Benutzung (Abs. 2)

„Ordnungsmäßig“ heißt: sachgerecht, wirtschaftlich, rechtstreu und am Gesamtinteresse orientiert. Typische Inhalte: Instandhaltung, angemessene Versicherung, Rücklagenbildung, ordentliche Abrechnung, Durchsetzung von Ansprüchen, faire Nutzungsregeln.


Eilmaßnahmen durch einzelne Eigentümer (Abs. 3)

Bei unmittelbar drohendem Schaden (z. B. Rohrbruch, Sturmschaden) darf ein Eigentümer ohne vorherigen Beschluss handeln (Notabdichtung, Notsperre, Notdienst). Er muss erforderlich, verhältnismäßig und zeitnah informieren; die Gemeinschaft entscheidet anschließend über Kostenübernahme.


Einsichtsrecht in Unterlagen (Abs. 4) – Reichweite, Modalitäten, Kosten

Adressat & Umfang

  • Anspruchsgegner: die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Der Verwalter setzt die Einsicht organisatorisch um; er ist nicht zu ausführlichen inhaltlichen Erläuterungen verpflichtet.
  • „Verwaltungsunterlagen“ umfassen regelmäßig: Verträge, Angebote, Rechnungen, Kontoauszüge/Bankunterlagen, Versicherungspolicen/-korrespondenz, Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht, Wartungs-/Prüfprotokolle, Korrespondenz zur Bewirtschaftung, Protokolle und Beschlusssammlung.

Ort, Form, Ablauf

  • Regelfall: Vor-Ort-Einsicht in den Geschäftsräumen des Verwalters zu üblichen Zeiten; kein genereller Anspruch auf postalische oder elektronische Übersendung.
  • Terminierung: angemessene Fristsetzung zulässig; umfangreiche Akten können in Teilterminen bereitgestellt werden (Ressourcenschonung).
  • Kopien/Scans/Fotos: zulässig; entweder eigene Fotos/Scans vor Ort oder Kopien des Verwalters gegen angemessenen Kostenersatz. Kein Anspruch auf kostenlose Massenkopien.
  • Bevollmächtigung: Einsicht durch Rechtsanwalt/Beistand mit Vollmacht möglich; Vertraulichkeitshinweis der GdWE zulässig.

Datenschutz & Grenzen

  • DSGVO-konform: Einsicht bleibt grundsätzlich bestehen; personenbezogene Daten Unbeteiligter (z. B. IBAN, Privatanschriften, sensible Hinweise) dürfen geschwärzt werden. Preis-/Leistungsdaten von Verträgen sind grundsätzlich offenzulegen.
  • Verhältnismäßigkeit: offensichtlich schikanöse oder uferlose Begehren dürfen eingegrenzt werden (Themen-/Zeitraumfokus), ohne das Kernrecht auszuhöhlen.
  • Keine Schulungspflicht: Bereitzustellen sind die Unterlagen; eine ausführliche inhaltliche Erläuterung durch den Verwalter ist nicht geschuldet.

Durchsetzung & Effizienz

  • Stufenmodell: schriftliches Verlangen an die GdWE (über den Verwalter) → Frist setzen → ggf. Beschluss zur Verpflichtung → Klage auf Einsicht gegen die GdWE (§ 44 WEG).
  • Praxis-Tipp: gezielte Anforderung (z. B. „Dachsanierung 2024: Angebote, Vergabeprotokolle, Rechnungen, Kontoauszüge Zeitraum X–Y“) spart Zeit und Kosten.

Praxisbeispiele

  • Leck im Steigstrang: Eigentümer ruft sofort den Notdienst (Abs. 3), informiert Verwalter, dokumentiert Einsatz; Gemeinschaft beschließt nachträgliche Genehmigung und Kostenübernahme.
  • Einsicht in Rechnungen: Eigentümer verlangt Einsicht in Dachsanierungsrechnungen und Kontoauszüge → zu gewähren (Abs. 4); Terminierung in zwei Blöcken; sensible Daten unbeteiligter Personen werden geschwärzt.
  • Nutzungsregelung: Gemeinschaft beschließt fairen Belegungsplan für den Waschraum → ordnungsmäßige Benutzung (Abs. 2).
  • „Bitte schicken Sie mir alles per E-Mail“: Dafür besteht kein Anspruch. Stattdessen Termin zur Vor-Ort-Einsicht; eigene Fotos/Scans vor Ort zulässig, Kopien gegen Kostenersatz.
  • „Ich möchte die Original-Kontoauszüge sehen“: Anspruch auf Einsicht besteht; personenbezogene Daten Dritter dürfen geschwärzt werden.
  • „Mein Anwalt kommt für mich“: Zulässig mit Vollmacht; der Verwalter kann eine Vertraulichkeitserklärung verlangen und Termine bündeln.

Häufige Missverständnisse

  • „Der Verwalter ist der Herr des Hauses.“ – Nein. Träger ist die Gemeinschaft; der Verwalter führt aus und vertritt.
  • „Ohne Beschluss darf nie gehandelt werden.“ – In Notfällen gerade doch (Abs. 3).
  • „Ich habe Anspruch auf Zusendung aller Akten.“ – Regelfall ist die Vor-Ort-Einsicht; Kopien/Fotos sind möglich, aber keine generelle Versandpflicht.
  • „DSGVO verhindert Einsicht.“ – Falsch. Erforderlich sind lediglich gezielte Schwärzungen.

FAQs zu § 18 WEG

Wo liegt die Grenze zwischen Eilmaßnahme und Beschlusspflicht?

Eilmaßnahme ausschließlich zur sofortigen Schadensabwehr. Alles darüber hinaus (Planung, Vergabe, Modernisierung) → Beschluss.

Darf ich Kopien/Scans erhalten?

Ja – eigene Fotos/Scans vor Ort oder Kopien gegen angemessenen Kostenersatz. Ein Versandanspruch besteht grundsätzlich nicht.

Wer entscheidet, was ordnungsmäßig ist?

Die Eigentümerversammlung (Beschluss). Maßstab: Gesetz, Vereinbarungen, Beschlusslage, Wirtschaftlichkeit.

Was, wenn Einsicht verzögert/abgelehnt wird?

GdWE fristsicher mahnen; erforderlichenfalls Beschluss zur Verpflichtung der Verwaltung; notfalls Klage auf Einsicht gegen die GdWE (§ 44 WEG).


Fazit

§ 18 WEG verankert Verantwortlichkeit (Gemeinschaft), Handlungssicherheit (Eilkompetenz) und Transparenz (Einsichtsrecht). Für die Praxis gilt: Vor-Ort-Einsicht bleibt der Regelweg; der Verwalter stellt geordnet bereit, muss aber nicht erläutern oder versenden. DSGVO-Konformität wird durch gezielte Schwärzungen gewahrt. So lassen sich Streit und Kosten minimieren – bei voller Kontrolle durch die Eigentümer.

Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: September 2025