§ 45 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Fristen der Anfechtungsklage

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: November 2025; mit Praxisbeispielen für GdWE, Verwalter und Beirat)


Einleitung

§ 45 WEG legt die Ausschlussfristen für die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) fest. Die Fristen sind streng: Klageerhebung binnen 1 Monat, Klagebegründung binnen 2 Monaten – jeweils ab Beschlussfassung. Unter engen Voraussetzungen ist Wiedereinsetzung möglich (ZPO).


Gesetzestext – § 45 WEG

§ 45 Fristen der Anfechtungsklage

Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Fristen im Überblick

  • Klageerhebung: 1 Monat nach der Beschlussfassung.
  • Klagebegründung: 2 Monate nach der Beschlussfassung (Ausschlussfrist).
  • Wiedereinsetzung: §§ 233–238 ZPO entsprechend (unverschuldete Fristversäumnis; Antrag mit Glaubhaftmachung).

Fristbeginn & Berechnung

  • Beginn: am Tag nach der Beschlussfassung (nicht erst mit Zugang des Protokolls). Ereignisfrist gem. § 187 Abs. 1 BGB – der Beschlusstag zählt nicht mit.
  • Ende bei 1‑Monats‑Fristen: Mit Ablauf desjenigen Tages des Folgemonats, dessen Zahl dem Beschlusstag entspricht; existiert dieser Tag nicht, endet die Frist am letzten Tag des Folgemonats (§ 188 Abs. 2 BGB).
  • § 193 BGB: Fällt das Fristende auf Samstag, Sonntag oder Feiertag, endet die Frist am nächsten Werktag.
  • Begründungsfrist: Läuft parallel ab dem Tag nach der Beschlussfassung und endet zwei Monate später nach demselben Schema.
  • Zustellung „demnächst“ (§ 167 ZPO): Geht die Klage rechtzeitig beim Gericht ein, wahrt eine demnächst erfolgende Zustellung an die GdWE die Frist, sofern der Kläger die Verzögerung nicht zu vertreten hat.

„4‑Wochen‑Frist“ vs. „1‑Monats‑Frist“ – klar unterschieden

§ 45 WEG kennt keine „vier Wochen“, sondern eine einmonatige Klagefrist. Das wird häufig verwechselt – hier die Abgrenzung:

  • Vier Wochen = 28 Tage (Tageszählung).
  • Ein Monat = Kalendermonat (28/29/30/31 Tage), Ende mit dem gleichen Kalendertag des Folgemonats (oder dessen letztem Tag).

Rechenbeispiele

  • Beschluss am 15.03.2025 → Beginn 16.03.2025. 1 Monat endet mit Ablauf des 15.04.2025. Eine hypothetische 4‑Wochen‑Frist (hier nicht anwendbar) würde bereits am 12.04.2025 enden.
  • Beschluss am 30.11.2025 → Beginn 01.12.2025. 1 Monat endet mit Ablauf des 30.12.2025; 4 Wochen würden am 29.12.2025 enden.
  • Beschluss am 31.01.2025 → Beginn 01.02.2025. 1 Monat endet mit Ablauf des 28.02.2025 (in Schaltjahren: 29.02.). 4 Wochen lägen hier regelmäßig gleich (28 Tage) bzw. kürzer als der Monat im Schaltjahr.
  • Wochenende/Feiertag: Fällt das Fristende z. B. auf einen Sonntag, verschiebt es sich gem. § 193 BGB auf den nächsten Werktag.

Praxisbeispiele

  • Formfehler: Einladung unzureichend → Anfechtungsklage bis ein Monat nach ETV; Begründung bis zwei Monate nach ETV.
  • Zustellung „demnächst“: Klageeingang fristgerecht; Gericht stellt später zu – Frist bleibt gewahrt, wenn der Kläger die Verzögerung nicht zu vertreten hat.
  • Wiedereinsetzung: Unverschuldete Fristversäumnis (z. B. plötzliche Krankheit) → Antrag gem. §§ 233 ff. ZPO, unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses.

Häufige Missverständnisse

  • „Die Frist startet mit Zugang des Protokolls.“ Falsch – maßgeblich ist der Tag nach der Beschlussfassung.
  • „Ich kann Gründe nachreichen, wenn ich neue Belege finde.“ Später vorgetragene Gründe sind grundsätzlich präkludiert; vollständige Begründung binnen 2 Monaten ist zwingend.
  • „Beklagt wird der Verwalter.“ Nein – richtige Partei ist die GdWE.

Best‑Practice: Check vor Fristablauf

  1. Beschluss und Protokoll sichern; Einladung/Tagesordnung prüfen.
  2. Belegeinsicht wahrnehmen (kein Erklärungsanspruch; Einsichtsrecht beachten).
  3. Klage spätestens in Woche 4 einreichen; Zustellung überwachen (ggf. Vorschuss zahlen, Anschrift der GdWE korrekt angeben).
  4. Begründung bis Woche 8 vollständig ausarbeiten (Sachverhalt, Rechtsverstöße, Beweismittel).
  5. Wiedereinsetzung nur ausnahmsweise; Hindernis glaubhaft machen.

Fazit

§ 45 WEG zieht eine klare Fristen‑Leitplanke: 1 Monat Klage, 2 Monate Begründung. Wer sauber terminiert, die richtige Partei wählt und die Zustellung im Blick behält, wahrt seine Rechte – wer zu spät kommt, verliert sie.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: November 2025

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