§ 24 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Eigentümerversammlung

(Aktualisiert nach der WEG-Reform 2020; Rechtsstand: September 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen und GdWE)


Einleitung

Die Eigentümerversammlung ist das Schaltzentrum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). § 24 WEG regelt die Einberufung (mindestens einmal jährlich), den Vorsitz in der Versammlung, die Niederschrift (Protokoll) und die Beschlusssammlung. Für die Verwaltung bedeutet das: verlässliche Abläufe, saubere Dokumentation und transparente Information der Eigentümer – idealerweise digital über ein Eigentümerportal.


Gesetzestext – § 24 WEG

§ 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift

  1. Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.
  2. Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss vom Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.
  3. Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.
  4. Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll – sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt – mindestens drei Wochen betragen.
  5. Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.
  6. Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und – falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist – auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
  7. Es ist eine Beschlusssammlung zu führen. Die Beschlusssammlung enthält nur den Wortlaut (1) der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung, (2) der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und (3) der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gem. § 43 WEG mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien, soweit diese Beschlüsse und Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren; Anfechtungen oder Aufhebungen sind zu vermerken; Löschungen sind unter den gesetzlichen Voraussetzungen möglich. Eintragungen, Vermerke und Löschungen sind unverzüglich und mit Datum vorzunehmen. Eigentümern und von ihnen ermächtigten Dritten ist auf Verlangen Einsicht zu gewähren.
  8. Die Beschlusssammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, führt sie der Versammlungsvorsitzende, sofern die Eigentümer nicht mehrheitlich eine andere Person dafür bestimmen.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Praxisrelevanz und Pflichten auf einen Blick

  • Jährliche Einberufungspflicht: Mindestens eine Eigentümerversammlung pro Kalenderjahr. Unterbleibt diese ohne sachlichen Grund, liegt eine Pflichtverletzung des Verwalters vor (mit möglichen Haftungs- und Abberufungsfolgen).
  • Initiativrecht der Eigentümer: Verlangen > 25 % der Wohnungseigentümer (nach Köpfen) unter Angabe von Zweck und Gründen die Einberufung, muss der Verwalter laden; verweigert er pflichtwidrig, springen Beirat oder ermächtigte Eigentümer ein.
  • Einberufung in Textform: Brief, E‑Mail oder Portalbenachrichtigung genügen. Drei Wochen Soll‑Frist; Verkürzung nur bei Dringlichkeit und sorgfältiger Abwägung.
  • Vorsitz & Verhandlungsleitung: Grundsätzlich der Verwalter; die Versammlung kann Abweichendes beschließen (z. B. Wahl einer neutralen Sitzungsleitung).
  • Protokoll (Niederschrift): Unverzüglich, vollständig, nachvollziehbar. Unterschriften: Vorsitz, ein Wohnungseigentümer, zusätzlich – falls vorhanden – der Beiratsvorsitzende/Vertreter.
  • Beschlusssammlung: Fortlaufend, nummeriert, mit Datum; Einsichtsrecht für Eigentümer. Digital geführt spart Aufwand und schafft Transparenz.

So setzen professionelle Verwaltungen § 24 WEG um

  1. Jahresfahrplan & Rückwärtsplanung: Versammlungstermin frühzeitig festlegen; rückwärtsfristen für Unterlagen, TOP‑Abstimmung, Versand (Textform), Raum-/Technikbuchung.
  2. Tagesordnung stringent: Klar strukturieren (Berichte, Wirtschaftsplan, Entlastung, Wahlen, Projekte); Beschlussentwürfe textlich ausformulieren; Unterlagen vorab bereitstellen.
  3. Digitale Ablage: Einladung, Anlagen, Protokoll und Beschlusssammlung im Portal der GdWE führen; Zustellnachweise dokumentieren; Versionierung beachten.
  4. Verhandlungsführung: Redeleitung, Ordnungsrufe, Wortmeldungen, Reihenfolge der Abstimmungen, Zählweise, Feststellung und Verkündung der Beschlüsse.
  5. Niederschrift sorgfältig: Beschlusswortlaut, Mehrheiten, Datum/Uhrzeit, Ort, Leitung, Anfechtungshinweise (keine Pflicht, aber gute Praxis); Unterschriften zeitnah einholen.
  6. Beschlusssammlung konsistent: Unmittelbar nach der Versammlung eintragen; fortlaufende Nummerierung; Anfechtungsvermerke pflegen; bei Aufhebung/Löschung sauber dokumentieren.

Praxisbeispiele

  • Beirat lädt ein: Der Verwalter verweigert pflichtwidrig die Einberufung. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats lädt unter Angabe der Gründe mit dreiwöchiger Frist; die Versammlung findet wirksam statt.
  • Dringlichkeitssitzung: Rohrbruch im Steigstrang; Gefahr im Verzug. Die Einberufungsfrist wird auf 7 Tage verkürzt; Tagesordnung auf Notmaßnahmen und Vergabe beschränkt; Beschlüsse sind anfechtungsfest, weil die Verkürzung sachlich gerechtfertigt ist.
  • Neutraler Vorsitz: Bei kontroversem Thema (z. B. Fassadensanierung) beschließt die GdWE zu Beginn die Wahl eines neutralen Versammlungsleiters; der Verwalter protokolliert.
  • Digitale Beschlusssammlung: Die Verwaltung führt die Beschlusssammlung im Portal. Eigentümer können Einsicht nehmen; Anfechtungen und Erledigungen werden mit Datum vermerkt.

Häufige Missverständnisse

  • „Ohne 50 % Anwesenheit ist die Versammlung nicht beschlussfähig.“ Irrtum. Die Beschlussfähigkeit richtet sich nicht nach einer Mindestanwesenheit. Maßgeblich sind ordnungsgemäße Einberufung und die Mehrheiten nach § 25 WEG.
  • „Einladungen müssen per Einschreiben verschickt werden.“ Nein. Textform genügt – also insbesondere E‑Mail oder Portalbenachrichtigung.
  • „Die Beschlusssammlung ist seit dem WEMoG entfallen.“ Falsch. Die Beschlusssammlung ist weiterhin zu führen; sie dient Transparenz und Rechtssicherheit.
  • „Ein einzelner Eigentümer kann jederzeit eine Versammlung erzwingen.“ Nur bei Unterstützung von > 25 % der Eigentümer, und mit Angabe von Zweck und Gründen.
  • „Unterschriften unter dem Protokoll sind reine Formsache.“ Nein. Die gesetzlich geforderte Unterzeichnung ist Wirksamkeitsvoraussetzung des Protokolls und in der Praxis z. B. für Bank- oder Grundbuchvorgänge essenziell.

FAQ zu § 24 WEG

Wie oft muss die GdWE eine Versammlung abhalten?

Mindestens einmal pro Jahr. Zusätzlich bei Bedarf (z. B. größere Maßnahmen, dringende Entscheidungen) oder auf Verlangen der qualifizierten Eigentümerminderheit.

Wie kurz darf die Einberufungsfrist sein?

Regelmäßig drei Wochen (Soll‑Frist). Kürzer ist ausnahmsweise zulässig, wenn objektive Dringlichkeit vorliegt und die Tagesordnung eng geführt wird.

Wer leitet die Versammlung?

Regelfall: der Verwalter. Die Versammlung kann aber zu Beginn eine andere Person zur Leitung bestimmen.

Welche Mindestinhalte muss das Protokoll haben?

Ort, Datum, Leitung, Teilnehmer (anwesend/vertreten), Tagesordnung, Beschlusswortlaut samt Mehrheiten und Verkündung, Uhrzeiten (Beginn/Ende). Unterschriften: Vorsitz, ein Eigentümer, Beirat (sofern vorhanden).

Ist die Beschlusssammlung noch Pflicht?

Ja. Sie ist fortlaufend zu führen, zu nummerieren, mit Datum zu versehen; Einsicht steht jedem Eigentümer zu.

Wie passt Online-/Hybrid-Teilnahme dazu?

Die Möglichkeit, Rechte per elektronischer Kommunikation auszuüben, wird in § 23 WEG eröffnet. Ob und wie das angeboten wird, entscheidet die GdWE durch Beschluss. Für die praktische Umsetzung gelten dieselben Grundsätze der Einberufung, Leitung, Protokollierung und Beschlusssammlung.


Best‑Practice: Checkliste für die Verwaltung

  1. Jahrestermin fixieren, Location/Technik buchen, Hybrid‑Option prüfen.
  2. Tagesordnung mit konkreten Beschlusstexten abstimmen (Verwaltungsbeirat einbinden).
  3. Einberufung in Textform mit mindestens drei Wochen Vorlauf (bei Dringlichkeit begründen).
  4. Sitzungsleitung klären (Regelfall Verwalter) und Zähl-/Feststellungsmodus festlegen.
  5. Unmittelbar nach der Sitzung: Protokoll finalisieren, Unterschriften einholen, Beschlusssammlung aktualisieren, Portal einstellen.

Fazit

§ 24 WEG ist die Betriebsanleitung für die Eigentümerversammlung: verpflichtende Einberufung, klare Verhandlungsleitung, rechtssichere Dokumentation und eine geordnete Beschlusssammlung. Wer diese vier Elemente professionell steuert – idealerweise digital im Eigentümerportal – sorgt für Transparenz, reduziert Anfechtungsrisiken und stärkt die Handlungsfähigkeit der GdWE.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: September 2025

→ Weiter geht es mit: § 25 WEG – Beschlussfassung