§ 26 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Bestellung und Abberufung des Verwalters

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: Oktober 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen und GdWE)


Einleitung

§ 26 WEG beantwortet die Kernfragen, wer Verwalter wird, wie lange die Bestellung dauert und wie die Abberufung funktioniert. Die Norm enthält zugleich zwingende Leitplanken (Abs. 5): Von der Bestellung auf Zeit und der jederzeitigen Abberufbarkeit darf die GdWE nicht abweichen. Für die Praxis entscheidend: Die Verwalterbestellung (öffentlich‑rechtliche Stellung) und der Verwaltervertrag (privatrechtlich) sind zu trennen – der Vertrag endet spätestens sechs Monate nach Abberufung.


Gesetzestext – § 26 WEG

§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters

  1. Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer.
  2. Die Bestellung kann auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, im Fall der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.
  3. Der Verwalter kann jederzeit abberufen werden. Ein Vertrag mit dem Verwalter endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung.
  4. Soweit die Verwaltereigenschaft durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden muss, genügt die Vorlage einer Niederschrift über den Bestellungsbeschluss, bei der die Unterschriften der in § 24 Absatz 6 bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind.
  5. Abweichungen von den Absätzen 1 bis 3 sind nicht zulässig.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Wesentliche Punkte und ihre Bedeutung

  • Kompetenz der GdWE: Bestellung und Abberufung erfolgen durch Beschluss (§ 26 Abs. 1 WEG). Die einfache Mehrheit nach § 25 WEG genügt, sofern das Gesetz kein Sonderquorum vorsieht.
  • Bestellungsdauer: Höchstens 5 Jahre, bei Erstbestellung nach Begründung von Wohnungseigentum max. 3 Jahre. Eine Wiederbestellung ist zulässig, jedoch frühestens ein Jahr vor Ablauf der laufenden Bestellungszeit.
  • Jederzeitige Abberufung: Die GdWE kann den Verwalter jederzeit abberufen (ohne wichtigen Grund). Der Verwaltervertrag endet dann kraft Gesetzes spätestens nach sechs Monaten – unabhängig von im Vertrag vereinbarten Restlaufzeiten.
  • Nachweis der Verwaltereigenschaft: Für Bank, Grundbuch & Co. genügt die öffentlich beglaubigte Niederschrift über den Bestellungsbeschluss mit den Unterschriften gemäß § 24 Abs. 6 WEG (Vorsitz, ein Eigentümer, ggf. Beirat).
  • Zwingendes Recht: Von Abs. 1–3 darf nicht abgewichen werden. Weder Gemeinschaftsordnung noch Vertrag dürfen längere Höchstdauern, Unabberufbarkeit oder qualifizierte Abwahlhürden vorsehen.

Praxisrelevanz für die Hausverwaltung

  1. Trennung Bestellung/Vertrag: Bestellungsbeschluss (öffentlich‑rechtlich) und Verwaltervertrag (zivilrechtlich) inhaltlich und formal sauber trennen – Laufzeiten synchronisieren, aber nicht verknüpfen.
  2. Frühestmögliche Wiederbestellung: Terminkalender führen: Der Wiederbestellungsbeschluss darf frühestens ein Jahr vor Ablauf gefasst werden. Vorverlegte „Sicherheitsbeschlüsse“ sind unwirksam.
  3. Abberufung ohne Not: Die jederzeitige Abberufung ermöglicht einen geordneten Wechsel. Die Vertragsbeziehung läuft max. sechs Monate nach, um Übergaben zu sichern.
  4. Nachweis gegenüber Dritten: Beglaubigte Protokollniederschrift bereitstellen (z. B. Kontoeröffnung, Zeichnungsberechtigungen, Grundbuchvollmachten).
  5. Dokumentation im Portal: Beschluss, Vertrag, Vollmachten und Beglaubigungen digital bereitstellen; Beschlusssammlung aktualisieren.

Beschlussmuster (Praxisformulierung)

1) Bestellung des Verwalters

Beschluss: Die GdWE bestellt die Hausverwaltung Reiner GmbH zur Verwalterin für die Zeit vom [Datum] bis zum [Datum, max. 5 Jahre; bei Erstbestellung max. 3 Jahre]. Die Verwalterin wird bevollmächtigt, die zur laufenden Verwaltung erforderlichen Rechtsgeschäfte vorzunehmen und die Gemeinschaft zu vertreten, soweit gesetzlich zulässig. Die Verwaltung wird beauftragt, den Verwaltervertrag auf Grundlage des Angebots vom [Datum] abzuschließen.

2) Wiederbestellung

Beschluss: Die GdWE bestellt die Hausverwaltung Reiner GmbH erneut zur Verwalterin für die Zeit vom [Datum] bis zum [Datum]. Der Beschluss wird frühestens ein Jahr vor Ablauf der laufenden Bestellungszeit gefasst. Die Verwaltung wird ermächtigt, den Anschlussvertrag abzuschließen.

3) Abberufung und Übergang

Beschluss: Die GdWE beruft die derzeitige Verwalterin, [Name], mit sofortiger Wirkung ab. Der Verwaltervertrag endet gesetzlich spätestens sechs Monate nach Abberufung. Die GdWE bestellt gleichzeitig die [Name neu] zur Verwalterin ab [Datum] und ermächtigt diese, die zur geordneten Übergabe erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen. Die bisherige Verwalterin wird zur vollständigen Herausgabe der Verwaltungsunterlagen verpflichtet.


Häufige Missverständnisse

  • „Abberufung geht nur mit wichtigem Grund.“ Falsch. Die Abberufung ist jederzeit möglich; ein wichtiger Grund ist nicht erforderlich. Die Vertragsbeziehung endet spätestens nach sechs Monaten.
  • „Wir verlängern heute schon für die nächsten fünf Jahre.“ Unzulässig, wenn der Beschluss mehr als ein Jahr vor Ablauf gefasst würde.
  • „Die GO kann eine längere Bestelldauer/Unabberufbarkeit vorsehen.“ Nein. § 26 Abs. 5 WEG untersagt Abweichungen von Abs. 1–3.
  • „Ohne notariellen Bestellungsbeschluss können wir kein Konto eröffnen.“ Nicht nötig: Die beglaubigte Niederschrift über den Bestellungsbeschluss genügt.

FAQ zu § 26 WEG

Benötigt die Abberufung immer einen separaten Kündigungsbeschluss zum Vertrag?

Nein. Der Vertrag endet spätestens sechs Monate nach Abberufung von Gesetzes wegen. Ein zusätzliches Kündigungsschreiben ist nicht zwingend, kann aber zur Klarstellung der Abwicklung und Fristen sinnvoll sein.

Darf die GdWE die Abberufung an besondere Hürden (z. B. 3/4‑Mehrheit) knüpfen?

Nein. Solche Hürden würden die „jederzeitige Abberufung“ faktisch beschränken und verstoßen gegen § 26 Abs. 5 WEG.

Gibt es einen Anspruch auf einen „zertifizierten Verwalter“?

Ja, § 26a WEG gewährt grundsätzlich einen Anspruch der Wohnungseigentümer auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters (IHK‑Prüfung). Die Umsetzung erfolgt durch Beschluss; Übergangsfristen sind ausgelaufen.

Wie weist die Verwalterin ihre Stellung nach?

Durch die öffentlich beglaubigte Protokollniederschrift des Bestellungsbeschlusses mit den Unterschriften gemäß § 24 Abs. 6 WEG. Diese genügt gegenüber Banken, Behörden und Grundbuchamt.


Best‑Practice: Ablauf bei Verwalterwechsel

  1. Abberufung der bisherigen Verwalterin und sofortige Neubestellung (am besten in einem TOP, um eine Lücke zu vermeiden).
  2. Vertragsabwicklung: Enddatum notieren (spätestens 6 Monate nach Abberufung), Vergütungs‑ und Herausgabepflichten klären.
  3. Nachweis: Beglaubigte Protokollniederschrift beschaffen; Bankvollmachten/Konten umstellen.
  4. Übergabe: Vollständige Unterlagen‑/Datenherausgabe, Portal‑ und Postzugänge, SEPA‑Mandate, Beschlusssammlung, Gewährleistungsfristen, laufende Verfahren/Tickets.
  5. Kommunikation: Eigentümer, Dienstleister, Gerichte/Behörden informieren; Impressum/Signaturen aktualisieren.

Fazit

§ 26 WEG stellt die Weichen für einen professionellen, rechtssicheren Umgang mit Verwalterwechseln: Zeitliche Befristung, jederzeitige Abberufung, klare Nachweisregeln. Wer Bestellung und Vertrag sauber trennt, Fristen im Blick behält und die Übergabe strukturiert, minimiert Risiken und hält die GdWE handlungsfähig.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: Oktober 2025

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