§ 16 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Nutzungen und Lasten


Einleitung

In einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) fallen zahlreiche Kosten und Lasten an – von der Instandhaltung des Dachs bis zur Pflege der Außenanlagen. Gleichzeitig entstehen Erträge, etwa aus der Vermietung von Gemeinschaftsräumen oder der Verpachtung von Stellplätzen. § 16 WEG regelt, wie diese Kosten, Lasten und Nutzungen unter den Wohnungseigentümern verteilt werden. Die Vorschrift ist einer der Kernparagrafen des Wohnungseigentumsgesetzes, weil sie unmittelbaren Einfluss auf die Hausgeldabrechnung und die Finanzplanung der GdWE hat.

Für Verwalter, Beiräte und Eigentümer ist das Verständnis des § 16 WEG essenziell, um Streitigkeiten zu vermeiden, Abrechnungen rechtssicher zu gestalten und Beschlüsse korrekt zu fassen. Seit der WEMoG-Reform 2020 wurde die Vorschrift modernisiert, wobei insbesondere die Beschlusskompetenz zur abweichenden Kostenverteilung gestärkt wurde.


Gesetzestext von § 16 WEG (Stand 2024)

§ 16 WEG – Nutzungen, Lasten und Kosten

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist im Verhältnis seines Anteils nach § 14 Abs. 1 zur Kostentragung verpflichtet, soweit nicht eine andere Verteilung bestimmt ist.

(2) Von den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums ist jeder Wohnungseigentümer im Verhältnis seines Anteils nach § 14 Abs. 1 befreit, soweit ihm nicht ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist, dessen Ausübung mit den Kosten und Lasten in Zusammenhang steht.

(3) Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums stehen den Wohnungseigentümern im Verhältnis ihrer Anteile nach § 14 Abs. 1 zu, soweit nicht eine andere Verteilung bestimmt ist.

(4) Die Wohnungseigentümer können abweichend von den Absätzen 1 bis 3 eine andere Verteilung der Kosten, Lasten und Nutzungen durch Beschluss regeln, soweit dies dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer entspricht.

(5) Beschlüsse über die Änderung der Kostenverteilung bedürfen der Zustimmung der betroffenen Wohnungseigentümer, wenn diese erheblich mehr belastet oder weniger begünstigt werden als nach der bisherigen Regelung.


1. Grundprinzip der Kosten- und Lastenverteilung

Nach Absatz 1 gilt grundsätzlich der Miteigentumsanteil (MEA) als Maßstab. Dieser ist in der Regel in der Teilungserklärung festgelegt und im Grundbuch eingetragen. Das bedeutet: Wer einen größeren Anteil am Gemeinschaftseigentum hat, trägt auch einen größeren Anteil der Kosten und Lasten.

Beispiel: Hat ein Eigentümer 100/1.000 MEA und die GdWE 10.000 € Heizkosten, so beträgt sein Kostenanteil 1.000 € – es sei denn, eine andere Verteilungsregelung wurde wirksam beschlossen.


2. Befreiung bei Sondernutzungsrechten

Absatz 2 stellt klar: Wer ein Sondernutzungsrecht hat, kann von bestimmten Kosten und Lasten befreit sein – aber nur, wenn diese unmittelbar mit dem Sondernutzungsrecht zusammenhängen.

  • Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche → mögliche Befreiung von den allgemeinen Gartenpflegekosten

  • Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz → mögliche Befreiung von allgemeinen Parkplatzinstandhaltungskosten

Allerdings muss eine solche Befreiung in der Gemeinschaftsordnung oder durch wirksamen Beschluss geregelt sein. Ein Automatismus besteht nicht.


3. Nutzungen des Gemeinschaftseigentums

Nutzungen sind Erträge oder Vorteile, die aus dem Gemeinschaftseigentum gezogen werden können. Beispiele:

  • Mieteinnahmen aus der Vermietung des gemeinschaftlichen Dachbodens

  • Einnahmen aus Werbeflächen an der Fassade

  • Pachteinnahmen für gemeinschaftlich genutzte Stellplätze

Grundsatz: Nutzungen werden wie Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt – es sei denn, es gibt eine andere Vereinbarung oder einen wirksamen Beschluss.


4. Abweichende Verteilung durch Beschluss

Seit der WEMoG-Reform haben Wohnungseigentümer eine erweiterte Beschlusskompetenz, um die Kostenverteilung zu ändern. Nach Absatz 4 können sie abweichend von der MEA-Verteilung regeln, wie Kosten, Lasten und Nutzungen verteilt werden – solange die Regelung dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs entspricht.

Typische Gründe für abweichende Verteilungen:

  • Verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung

  • Aufzugskosten nur für Etagen mit Aufzugzugang

  • Kosten für eine gemeinschaftliche Wallbox nur für Nutzer


5. Zustimmungserfordernis bei erheblicher Mehrbelastung

Absatz 5 schützt einzelne Eigentümer vor einseitiger Mehrbelastung. Wird durch einen Beschluss ein Eigentümer deutlich stärker belastet oder weniger begünstigt, ist seine Zustimmung erforderlich. Ohne diese Zustimmung ist der Beschluss anfechtbar und im Zweifel unwirksam.


6. Praxisrelevanz für Verwalter

Für Verwalter bedeutet § 16 WEG, dass sie bei jeder Kostenabrechnung prüfen müssen:

  • Gilt die gesetzliche MEA-Verteilung oder eine abweichende Vereinbarung?

  • Wurde die abweichende Regelung wirksam beschlossen?

  • Sind Sondernutzungsrechte zu berücksichtigen?

Gerade bei Eigentümerwechseln müssen neue Eigentümer transparent über die geltende Kostenverteilung informiert werden, um spätere Anfechtungen zu vermeiden.


7. Praxisbeispiele

Beispiel 1: Aufzugskosten

In einer Wohnanlage mit drei Eingängen verfügt nur einer über einen Aufzug. Die Eigentümer beschließen, dass die Aufzugskosten nur von den Nutzern dieses Eingangs getragen werden. Das ist nach § 16 Abs. 4 WEG zulässig.

Beispiel 2: Gartenpflege

Ein Eigentümer mit Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche übernimmt die Pflege selbst. Die übrigen Eigentümer werden von den Kosten für diese Fläche befreit.

Beispiel 3: Photovoltaikanlage

Die GdWE installiert eine Photovoltaikanlage. Der Strom wird ins Netz eingespeist, die Erlöse werden im Verhältnis der MEA verteilt – außer die Eigentümer beschließen etwas anderes.


Häufige Missverständnisse

  • „Die Kostenverteilung kann jederzeit geändert werden.“

    Nicht ganz – es braucht entweder eine Vereinbarung oder einen wirksamen Beschluss im Rahmen der gesetzlichen Beschlusskompetenz.

  • „Sondernutzungsrechte führen automatisch zu einer Kostenbefreiung.“

    Falsch – eine solche Befreiung muss ausdrücklich geregelt werden.

  • „Die Zustimmung einzelner Eigentümer ist nie erforderlich.“

    Doch – bei erheblicher Mehrbelastung ist die Zustimmung zwingend.


FAQs zu § 16 WEG

Kann die Kostenverteilung auch rückwirkend geändert werden?

Grundsätzlich ja, aber nur für noch nicht bestandskräftige Abrechnungsperioden. Rückwirkende Änderungen für bereits genehmigte Abrechnungen sind unzulässig.

Müssen Miteigentumsanteile immer Grundlage der Kostenverteilung sein?

Nein – abweichende Verteilungen sind durch Beschluss möglich, wenn sie sachgerecht sind.

Kann ein Eigentümer gegen eine geänderte Kostenverteilung vorgehen?

Ja – durch Anfechtungsklage, insbesondere wenn er erheblich mehr belastet wird und nicht zugestimmt hat.

Wie werden Einnahmen aus Gemeinschaftseigentum verteilt?

Grundsätzlich nach MEA, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart oder beschlossen.


Fazit

§ 16 WEG ist die zentrale Grundlage für die gerechte Verteilung von Kosten, Lasten und Nutzungen innerhalb einer GdWE. Die Vorschrift balanciert den Grundsatz der MEA-Verteilung mit der Flexibilität, durch Beschluss sachgerechte Abweichungen zu ermöglichen. Für Verwalter bedeutet das, jede Änderung sorgfältig zu dokumentieren und deren Wirksamkeit zu prüfen.

Eine transparente Kommunikation mit allen Eigentümern und eine rechtssichere Beschlussformulierung sind entscheidend, um Streitigkeiten zu vermeiden und die Finanzplanung der Gemeinschaft stabil zu halten.

Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: September 2025