§ 21 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Kostenverteilung bei baulichen Veränderungen
(Auswirkungen für Eigentümer, Gemeinschaft und Verwalter nach der WEG-Reform 2020)
Einleitung
Wer muss zahlen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) eine bauliche Veränderung beschließt? Gilt der Grundsatz der Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen oder gibt es Ausnahmen?
Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 regelt § 21 WEG die Kostenverteilung für bauliche Veränderungen. Dabei kommt es nicht nur auf Mehrheiten, sondern auch auf die Art der baulichen Maßnahme und den Nutzen für einzelne Eigentümer an.
Dieser Artikel erklärt, wann die Gemeinschaft, wann einzelne Eigentümer und wann alle gemeinsam für Kosten aufkommen müssen – mit Beispielen, Rechtsprechung und praktischen Hinweisen.
Gesetzestext von § 21 WEG (Stand 2024)
§ 21 WEG – Kostenverteilung bei baulichen Veränderungen
(1) Die Wohnungseigentümer können abweichend von § 16 Absatz 2 durch Beschluss bestimmen, dass einzelne oder alle Wohnungseigentümer die Kosten einer baulichen Veränderung ganz oder teilweise tragen.
(2) Haben die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung beschlossen, die nach § 20 Absatz 1 gestattet ist, und haben nur einzelne Wohnungseigentümer der baulichen Veränderung zugestimmt, tragen nur diese die Kosten.
(3) Haben die Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung beschlossen, die nach § 20 Absatz 2 verlangt werden kann, tragen alle Wohnungseigentümer die Kosten nach dem Verhältnis ihres Anteils.
1. Allgemeine Grundsätze der Kostenverteilung
Nach § 16 Absatz 2 WEG werden Kosten grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen verteilt. Bei baulichen Veränderungen erlaubt § 21 WEG jedoch eine differenziertere Zuordnung.
Kostenverteilung kann durch Beschluss abweichend geregelt werden.
Es wird zwischen privilegierten und nicht-privilegierten baulichen Veränderungen unterschieden.
Entscheidend ist, wer zustimmt bzw. wer von der Maßnahme profitiert.
2. Kosten bei freiwilligen baulichen Veränderungen (§ 21 Abs. 1 und 2 WEG)
Freiwillige bauliche Veränderungen, die nicht zwingend verlangt werden können, können auf einzelne Eigentümer umgelegt werden – aber nur bei entsprechender Beschlussfassung.
Wichtig:
Stimmen nur einige Eigentümer zu, tragen nur diese die Kosten.
Ein Beschluss muss eindeutig regeln, wer zahlt.
Ohne ausdrückliche Regelung gelten die allgemeinen Vorschriften (§ 16 WEG).
Beispiele:
Einbau einer Sauna im Keller durch drei Eigentümer → Kosten nur für diese drei
Anbringung von Markisen auf freiwilliger Basis → Kosten für die jeweiligen Nutzer
3. Kosten bei privilegierten baulichen Veränderungen (§ 21 Abs. 3 WEG)
Bauliche Veränderungen, die nach § 20 Absatz 2 WEG verlangt werden können (sog. privilegierte Maßnahmen), müssen von allen Eigentümern finanziert werden.
Dazu gehören z. B.:
Maßnahmen zur Barrierefreiheit
Errichtung von Lademöglichkeiten für E-Mobilität
Einbau von Rauchwarnmeldern
Einrichtung von Steckersolargeräten / Balkonkraftwerken
Regelung:
Die Kosten werden auf alle Eigentümer nach Miteigentumsanteilen verteilt.
Ein Beschluss zur Abweichung ist hier nicht möglich.
4. Typische Fehler bei der Kostenverteilung
Keine eindeutige Zuordnung im Beschluss → Folge: Streit über Kostenbeteiligung
Abweichende Kostenregelung ohne ordnungsgemäßen Beschluss → anfechtbar
Unklare Differenzierung zwischen privilegierter und freiwilliger Maßnahme
5. Beispielhafte Praxisfälle
Beispiel 1: Ladesäule für E-Auto
Ein Eigentümer beantragt die Errichtung einer Wallbox. Die Maßnahme ist privilegiert nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Alle müssen mitzahlen, auch wenn sie kein Elektroauto nutzen.
Beispiel 2: Glasfaseranschluss
Ein Eigentümer möchte einen schnelleren Internetanschluss. Wird dies als Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur gewertet, kann dies als privilegiert gelten. Andernfalls: Kosten nur für Antragsteller.
Beispiel 3: Dachbegrünung
Eine freiwillige Ökomaßnahme ohne allgemeinen Nutzen wird beschlossen. Kosten werden per Mehrheitsbeschluss auf die interessierten Eigentümer verteilt.
Häufige Missverständnisse
„Wer nicht zustimmt, muss nicht zahlen.“ → Nur bei freiwilligen Maßnahmen mit klarer Beschlusslage korrekt.
„Die Mehrheit kann jede Kostenregelung beschließen.“ → Nein, bei privilegierten Maßnahmen ist eine Abweichung nicht erlaubt.
„Alle müssen immer zahlen.“ → Falsch, nur bei bestimmten Voraussetzungen nach § 21 Abs. 3 WEG.
FAQs zu § 21 WEG
Wann trage ich Kosten alleine?
Wenn du einer freiwilligen baulichen Veränderung zustimmst, andere nicht und der Beschluss das eindeutig regelt.
Wer zahlt bei Steckersolargeräten?
Das gilt als privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Kosten werden auf alle verteilt.
Kann ich eine Kostenverteilung anfechten?
Ja, wenn der Beschluss rechtswidrig oder die Zuordnung unklar ist.
Müssen auch Mieter zahlen?
Nein. Mieter zahlen keine Investitionen der Gemeinschaft. Kosten tragen nur Eigentümer.
Fazit
§ 21 WEG regelt die zentrale Frage, wer welche Kosten bei baulichen Veränderungen trägt. Für Verwalter ist es entscheidend, den Unterschied zwischen privilegierten und nicht-privilegierten Maßnahmen zu kennen – und die Kostenverteilung sauber zu dokumentieren.
Für Eigentümer bedeutet das: Aufpassen bei der Beschlussfassung, kritisch prüfen, ob die Kosten gerecht und gesetzeskonform verteilt sind.
Im nächsten Beitrag folgt § 22 WEG – Nutzung durch Dritte mit Erläuterungen zur Überlassung von Eigentum an Mieter, Familienangehörige oder Feriengäste.
Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Stand: September 2025