§ 28 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: Oktober 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen und GdWE)


Einleitung

§ 28 WEG bündelt die finanzielle Jahreslogik der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE): Wirtschaftsplan (Vorschüsse), Jahresabrechnung (Nachschüsse/Anpassung) und Vermögensbericht (Rücklagen‑ und Vermögensstand). Zusätzlich können die Eigentümer Fälligkeit und Erfüllung (z. B. SEPA) beschließen. Für die Verwaltung ist das die Grundlage für planbare Liquidität, transparente Abrechnung und verlässliche Rücklagenstrategie.


Gesetzestext – § 28 WEG

§ 28 Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht

  1. Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.
  2. Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.
  3. Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.
  4. Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Kernpunkte auf einen Blick

  • Wirtschaftsplan: Prognose für ein Kalenderjahr mit Vorschüssen (Hausgeld) und geplanter Rücklagenzuführung; enthält voraussichtliche Einnahmen/Ausgaben.
  • Jahresabrechnung: Rechnet das abgelaufene Jahr ab; Grundlage für Nachschüsse oder Anpassung der Vorschüsse.
  • Fälligkeit/Erfüllung: GdWE legt per Beschluss Fälligkeit (z. B. zum 1. eines Monats) und Zahlungsweg (z. B. SEPA‑Lastschrift) fest.
  • Vermögensbericht: Jährlicher Bericht zu Rücklagenstand und wesentlichem Gemeinschaftsvermögen; jedem Eigentümer bereitzustellen.

Wirtschaftsplan – Inhalt & Aufstellung

  • Zweck: Sicherstellung der Liquidität für Bewirtschaftung und Erhaltung; planbare Rücklagenentwicklung.
  • Typische Gliederung: Bewirtschaftungskosten (Betriebskosten), Verwaltungskosten, Instandhaltung/Erhaltung, geplante Rücklagenzuführung, sonstige Positionen (z. B. Finanzierungskosten), voraussichtliche Einnahmen.
  • Verteilmaßstab: Gemäß GO/Beschlusslage/§ 16 WEG (z. B. MEA, Verbrauch, Teileigentumsspezifika) – im Plan klar ausweisen.
  • Prognosecharakter: Der Plan ist eine Vorschau, keine Abrechnung; Abweichungen sind normal und werden im Folgejahr abgerechnet.

Jahresabrechnung – Inhalt & Beschluss

  • Bestandteile: Gesamtabrechnung der GdWE und Einzelabrechnungen; gegenübergestellt werden Vorschüsse und tatsächliche Kosten.
  • Beschlussinhalt: Feststellung der Abrechnung, Entscheidung über Nachschüsse oder Anpassung der Vorschüsse, ggf. Behandlung von Guthaben.
  • Transparenz: Belegeinsicht für Eigentümer, klare Zuordnung von Zahlungen, Abgrenzungen erläutern (z. B. periodenfremde Zahlungen, Abgrenzung laufender Projekte).
  • Berichtspflichten: Besondere Vorkommnisse, Rechtsstreit‑/Versicherungsstände, wesentliche Abweichungen zum Wirtschaftsplan kurz kommentieren.

Fälligkeit & Erfüllung (Abs. 3)

  • Fälligkeit festlegen: z. B. Vorschüsse monatlich zum 1.; Nachschüsse innerhalb von [z. B. 30] Tagen nach Beschluss.
  • Erfüllung regeln: SEPA‑Lastschrift als Standard; alternative Zahlung nur nach vorheriger Abstimmung (Gebührenregelung möglich).
  • Rückstände managen: Mahnstufen, Verzugszinsen, Inkasso/Beratung je nach Beschlusslage; Transparenz im Portal.

Vermögensbericht (Abs. 4)

  • Muss‑Inhalte: Stand der Rücklagen (planmäßig/außerplanmäßig) und Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens.
  • Empfohlene Positionen: Bankguthaben je Konto, Termingelder, Forderungen/Verbindlichkeiten, Kassenbestand (falls geführt), laufende Darlehen/Anleihen, größere Sicherheitseinlagen, wesentliche Versicherungsansprüche.
  • Bereitstellung: Jedem Eigentümer zugänglich machen (Portal/Versand); zeitnah nach Jahresende, zusammen mit Abrechnung.

Praxisbeispiele

  • Rücklagenstrategie: Die GdWE plant aufgrund Dachsanierung in 3 Jahren eine erhöhte Rücklagenzuführung im Wirtschaftsplan; die Jahresabrechnung zeigt die Abweichungen und bestätigt die Plananpassung.
  • Nachschuss: Wegen kaltem Winter steigen Heizkosten deutlich; die ETV beschließt einen einmaligen Nachschuss und erhöht die monatlichen Vorschüsse ab Juli.
  • Vermögensbericht: Der Bericht weist per 31.12. den Rücklagenstand, Bankguthaben, eine Gewährleistungsforderung und ein Darlehen aus; Dokumente stehen im Portal bereit.

Häufige Missverständnisse

  • „Die Jahresabrechnung muss alle Belege beifügen.“ Nein – aber Belegeinsicht ist zu gewähren; Anlagen mit Übersichten sind gute Praxis.
  • Belegeinsicht ≠ Erklärpflicht: Es besteht kein Anspruch auf persönliche Anwesenheit des Verwalters und keine generelle Pflicht zur mündlichen Erläuterung; die Eigentümer haben ein Einsichtsrecht in die Unterlagen. Termin und Ort der Einsicht legt die Verwaltung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung fest.
  • „Guthaben werden automatisch ausgezahlt.“ Nur gemäß Beschlusslage/Fälligkeit; oft werden sie mit künftigen Vorschüssen verrechnet.
  • „Für jede Planabweichung braucht es eine außerordentliche Versammlung.“ Nein. Abweichungen sind normal; über Nachschüsse/Anpassung wird regulär nach Jahresende beschlossen – außer es besteht akuter Liquiditätsbedarf.

FAQ zu § 28 WEG

Wann ist eine außerordentliche ETV wegen Finanzen nötig?

Nur bei dringendem Handlungsbedarf (z. B. akuter Liquiditätsmangel). Viele „landläufige Notfälle“ sind keine: Entspricht der Vorgang einer normalen Planabweichung, genügt die Entscheidung in der nächsten regulären ETV. Echte Notfälle werden nach § 27 WEG von der Verwaltung abgefangen (Eilmaßnahme) und später berichtet.

Wie detailliert muss der Vermögensbericht sein?

Er muss den Rücklagenstand und das wesentliche Gemeinschaftsvermögen darstellen. Tiefe Detailaufstellungen sind nicht nötig; wesentliche Positionen sollen klar erkennbar sein.

Kann die GdWE monatliche statt vierteljährliche Vorschüsse festlegen?

Ja. Fälligkeit und Erfüllungsmodalitäten beschließt die GdWE (Abs. 3), z. B. monatlich per SEPA.

Dürfen Vorschüsse unterjährig angepasst werden?

Ja, durch Beschluss – etwa bei stark gestiegenen Energiepreisen oder sonstigen Kostenveränderungen. Der neue Satz gilt ab dem festgelegten Zeitpunkt.

Was passiert bei verspäteter Jahresabrechnung?

Die Verwaltung ist zur zeitnahen Abrechnung verpflichtet. Verzögerungen sollten begründet werden; die Eigentümer können Fristen setzen und organisatorische Maßnahmen beschließen.

Brauche ich die WEG‑Jahresabrechnung zwingend für meine Einkommensteuer?

Nein. Es gibt keine Pflicht, die WEG‑Jahresabrechnung mit der Einkommensteuererklärung einzureichen. Seit 2017 gilt die Belegvorhaltepflicht: Belege werden nur auf Aufforderung des Finanzamts vorgelegt. Für steuerliche Zwecke genügt es, die relevanten Nachweise bereitzuhalten (z. B. Bescheinigung nach § 35a EStG, Rechnungen, Zahlungsbelege). Die Abrechnung ist hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich.

Gibt es eine gesetzliche Frist (z. B. 30.06.) für die Erstellung der Jahresabrechnung?

Eine starre gesetzliche Frist nennt § 28 WEG nicht. Nach Rechtsprechung und Praxis soll die Abrechnung zeitnah vorliegen; als Richtschnur gelten häufig 3 bis 6 Monate nach Jahresende (abweichende Fristen können in GO oder Verwaltervertrag geregelt sein). „Bis 30.06.“ ist also eine verbreitete, aber nicht gesetzlich zwingende Daumenregel. Hinweis für Vermieter: Die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter bleibt nach § 556 BGB unabhängig davon innerhalb der 12‑Monats‑Frist fällig.


Best‑Practice: Beschlussmuster

1) Wirtschaftsplan

Beschluss: Die GdWE beschließt den Wirtschaftsplan [Jahr] mit monatlichen Vorschüssen in Höhe von [Betrag] je Einheit gemäß Anlage [Nr.]; die Rücklagenzuführung beträgt [Betrag] p. a. Die Verwalterin wird ermächtigt, die SEPA‑Lastschriften einzurichten.

2) Jahresabrechnung und Nachschuss

Beschluss: Die GdWE stellt die Jahresabrechnung [Jahr] fest. Aus der Abrechnung ergibt sich ein Nachschuss in Höhe von [Betrag] je Einheit, fällig [Datum]. Die monatlichen Vorschüsse werden ab [Monat/Jahr] auf [Betrag] angepasst.

3) Fälligkeit/Erfüllung

Beschluss: Vorschüsse sind monatlich zum 1. fällig und werden im SEPA‑Lastschriftverfahren eingezogen; abweichende Zahlungswege bedürfen der vorherigen Zustimmung der Verwaltung.

4) Vermögensbericht

Beschluss: Die GdWE nimmt den Vermögensbericht [Jahr] zur Kenntnis. Die Verwalterin stellt ihn allen Eigentümern im Portal bereit.


Fazit

§ 28 WEG schafft die finanzielle Ordnung der GdWE: planen, abrechnen, Vermögen transparent machen und Zahlungsflüsse verlässlich steuern. Wer Inhalte klar definiert, Fälligkeiten sauber regelt und den Vermögensbericht konsequent bereitstellt, sorgt für Liquidität, Nachvollziehbarkeit und Vertrauen.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: Oktober 2025

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