Beachtung des Lärmschutzes beim Austausch des Bodenbelags – BGH V ZR 173/19


Ursprünglicher Kern (11.01.2022)

Wer in seiner Wohnung den Bodenbelag ersetzt (z. B. Teppich → Fliesen), muss die schallschutztechnischen Mindestanforderungen einhalten. Das gilt auch, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist. Maßstab ist regelmäßig die DIN 4109, sofern beim Austausch nicht in Estrich oder Decke eingegriffen wurde. Rechtsgrundlage: § 14 WEG, § 1004 BGB. Leitentscheidung: BGH, 26.06.2020 – V ZR 173/19.


Was hat sich seither geändert? (Stand 2025)

  • Linie bestätigt: Die BGH-Grundsätze werden in der Praxis weiterhin angewandt. Bei bloßem Belagstausch bleibt die DIN 4109-Mindestschwelle der Referenzstandard.

  • WEG-Zuständigkeiten: Ansprüche zwischen Sondereigentümern wegen Trittschall stützen sich auf § 14 WEG. Geht es um bauliche Mängel der Decke/Estriche als Gemeinschaftseigentum, ist die GdWE für Abhilfe zuständig.

  • Praxismaßstab: Erforderlich ist die Objekt- und Maßnahmenspezifik: Baujahr, vorhandene Decke/Estrich, Art des alten und neuen Belags, gemessene L’n,w-Werte. Ohne Eingriff in die Konstruktion sind belagsseitige Lösungen (z. B. Unterlagen, Verbundsysteme, textiler Belag) vorzuziehen.


Der Fall (Kurzfassung)

Dachgeschoss-Eigentümer ersetzte Teppich durch Fliesen. Der darunter wohnende Eigentümer klagte wegen unzumutbarem Trittschall. Gutachten: Mindestanforderungen verfehlt. BGH wies die Revision des Fliesen-Eigentümers zurück: Er muss wieder einen gleichwertig schalldämpfenden Belag herstellen, solange der Austausch ohne Eingriff in Estrich/Decke erfolgte.


Rechtsgrundlagen

§ 14 WEG – Rücksichtnahmepflichten der Eigentümer.
§ 1004 BGB – Beseitigungs-/Unterlassungsanspruch.
BGH, 26.06.2020 – V ZR 173/19 (Volltext), BGH-Pressemitteilung.


Praxis für Eigentümer, Beirat, Verwaltung

  • Vorher klären: Geplanter Belag, Aufbauhöhe, Unterlage, Systemnachweise. Keine Eingriffe in Estrich/Decke ohne Beschluss.

  • Nachweis führen: Herstellerdaten, ggf. Schallschutz-Gutachten nach DIN 4109. Bei Konflikt: messtechnische Prüfung.

  • Konfliktlösung: Belagsseitige Maßnahmen vorrangig. Greifen diese nicht, ist die GdWE wegen konstruktiver Mängel in der Pflicht.


FAQ

  • Gilt DIN 4109 immer? Beim reinen Belagstausch ja, als Mindestmaßstab. Bei Eingriffen in Estrich/Decke gelten die damals einschlägigen bauordnungsrechtlichen Anforderungen, ggf. höher.

  • Muss wieder Teppich verlegt werden? Nein. Entscheidend ist das Ergebnis (Mindestwerte einhalten), nicht das Material.

  • Wer zahlt? Verursacher des überhöhten Trittschalls. Liegt die Ursache in der Decke/Estrich-Konstruktion, kommen GdWE-Maßnahmen in Betracht.


Fazit

Belag austauschen heißt Schallschutz sichern. Ohne Eingriff in Estrich/Decke trägt der wechselnde Eigentümer die Verantwortung, die DIN-Mindestwerte zu erreichen. Die BGH-Linie gilt fort; Zuständigkeiten zwischen Sondereigentümer und GdWE sauber trennen.


Ursprünglicher Artikel: 11.01.2022

Aktualisiert am 13.10.2025 von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH