§ 15 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Pflichten Dritter
Einleitung
Nicht nur Eigentümer selbst nutzen Wohnungen innerhalb einer Gemeinschaft – häufig sind es Mieter, Pächter, Familienangehörige oder Gäste, die das Sondereigentum bewohnen. Diese Personen sind im rechtlichen Sinn Dritte. Sie sind zwar nicht Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), müssen sich jedoch an bestimmte Spielregeln halten. § 15 WEG legt fest, welche Duldungspflichten diese Dritten haben, wenn am Gemeinschaftseigentum oder am Sondereigentum Arbeiten durchgeführt werden.
Die Vorschrift ist besonders praxisrelevant für Verwalter, Eigentümer und Beiräte, weil sie häufig bei Modernisierungen, Instandsetzungen oder Erhaltungsmaßnahmen angewendet wird. Oft hängt der Erfolg einer Maßnahme davon ab, dass Dritte kooperieren – und genau hier setzt § 15 WEG an.
Gesetzestext von § 15 WEG (Stand 2025)
Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:
1. die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend;
2. Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.
1. Wer sind „Dritte“ im Sinne des § 15 WEG?
Als Dritte gelten alle Personen, die eine Wohnung oder Teileigentumseinheit nutzen, ohne selbst im Grundbuch als Eigentümer eingetragen zu sein. Dazu gehören insbesondere:
Mieter
Pächter
Untermieter
Familienangehörige oder Lebenspartner
Feriengäste oder kurzfristige Nutzer (z. B. Airbnb)
Die Vorschrift sorgt dafür, dass diese Personen nicht willkürlich Arbeiten verhindern können, die die GdWE beschlossen oder die Eigentümer vereinbart haben.
2. Die Duldungspflichten im Detail
2.1 Erhaltung des Gemeinschafts- und Sondereigentums (§ 15 Nr. 1)
Unter Erhaltung versteht man die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums oder des Sondereigentums. Das umfasst beispielsweise:
Dachreparaturen
Austausch defekter Fenster
Sanierung der Heizungsanlage
Instandsetzung von Wasser- oder Abwasserleitungen
Voraussetzung ist, dass die Arbeiten dem Dritten rechtzeitig angekündigt werden. Maßstab ist § 555a Abs. 2 BGB: Die Ankündigung muss so erfolgen, dass sich der Nutzer darauf einstellen kann (Terminplanung, Räumung betroffener Räume usw.).
2.2 Maßnahmen über die Erhaltung hinaus (§ 15 Nr. 2)
Maßnahmen „über die Erhaltung hinaus“ sind typischerweise Modernisierungen oder bauliche Veränderungen, z. B.:
Wärmedämmung der Fassade
Installation einer Photovoltaikanlage
Anbau/Erweiterung von Balkonen
Austausch funktionsfähiger Fenster durch energieeffizientere Modelle
Hier gilt eine dreimonatige Ankündigungsfrist in Textform. Inhalt und Ablauf richten sich nach § 555c BGB (Ankündigung) und § 555d BGB (Duldungspflicht, Einwände, Härtefälle).
3. Zusammenspiel mit dem Mietrecht
Da viele Dritte Mieter sind, verweist § 15 WEG ausdrücklich auf mietrechtliche Vorschriften. Das bedeutet u. a.:
Rechtzeitige Ankündigung mit Angaben zu Art, Umfang, Beginn, Dauer der Arbeiten (§ 555c BGB)
Duldungspflicht bei Modernisierungen, soweit zumutbar; Härteeinwände möglich (§ 555d BGB)
Hinweise auf Folgen (z. B. Modernisierungsumlage im Mietrecht) im Rahmen der Information
4. Rechte und Pflichten der GdWE und des Verwalters
Die GdWE darf beschlossene Maßnahmen – soweit erforderlich – auch im Sondereigentum durchführen. Der Verwalter organisiert die Umsetzung, insbesondere:
rechtzeitige/ordnungsgemäße Ankündigungen
Koordination von Terminen und Zugängen
Abstimmung zwischen Eigentümern, Nutzern und Handwerkern
Dokumentation der Kommunikation und Zutrittsversuche
Formal trifft die Weitergabe der Informationen primär den Eigentümer; aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt sich aber oft die direkte Information der Nutzer durch die Verwaltung.
5. Praxisbeispiele
Beispiel 1: Heizkörperaustausch
Die GdWE beschließt den Austausch alter Heizkörper. Mieter müssen dies dulden, sofern die Ankündigung ordnungsgemäß erfolgt ist.
Beispiel 2: Balkonanbau
Eine Modernisierung mit Anbau neuer Balkone wird beschlossen. Die Nutzer müssen den Zugang für Handwerker ermöglichen (Ankündigungsfrist beachten).
Beispiel 3: Rohrbruchreparatur
Bei akutem Rohrbruch sind kurzfristige Erhaltungsarbeiten erforderlich – dreimonatige Frist ist hier nicht nötig, es genügt rechtzeitige Information nach § 555a BGB.
Häufige Missverständnisse
- „Mieter müssen Modernisierungen nicht dulden.“
Doch – bei ordnungsgemäßer Ankündigung und Zumutbarkeit (§§ 555c, 555d BGB). - „Nur Eigentümer müssen Maßnahmen dulden.“
Falsch – § 15 WEG verpflichtet auch Dritte zur Duldung. - „Die GdWE muss Mieter nicht informieren.“
Formal primär Sache des Eigentümers – praktisch ist eine parallele Information durch die Verwaltung sinnvoll.
FAQs zu § 15 WEG
Müssen Dritte Handwerkern Zutritt gewähren?
Ja, wenn die Maßnahme unter § 15 WEG fällt und ordnungsgemäß angekündigt wurde.
Was passiert bei Zutrittsverweigerung?
Der Eigentümer muss seine mietvertraglichen Rechte durchsetzen; die GdWE kann bei fortgesetzter Verweigerung gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Kann die Ankündigungsfrist verkürzt werden?
Nur bei dringenden Erhaltungsmaßnahmen (Gefahr im Verzug); ansonsten gilt die 3-Monats-Frist für Maßnahmen über die Erhaltung hinaus.
Wer trägt Schäden durch Handwerker?
Verursachungsgerecht: regelmäßig die GdWE bzw. der Unternehmer, wenn die Schäden im Zuge der Maßnahme entstanden sind.
Fazit
§ 15 WEG ist das Bindeglied zwischen WEG- und Mietrecht: Er stellt sicher, dass notwendige oder beschlossene Arbeiten nicht am Widerstand von Nutzern scheitern, schützt diese aber durch Ankündigungs- und Zumutbarkeitsregeln. Gute Planung, klare Kommunikation und saubere Dokumentation sind der Schlüssel für reibungslose Maßnahmen.
Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Stand: August 2025