§ 25 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Beschlussfassung

(Aktualisiert nach der WEG‑Reform 2020; Rechtsstand: Oktober 2025; mit Praxisbeispielen für Hausverwaltungen und GdWE)


Einleitung

§ 25 WEG regelt die Beschlussfassung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Kernpunkte sind die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, das gesetzliche Kopfprinzip (eine Stimme je Wohnungseigentümer), die Vollmacht in Textform sowie Fälle des Stimmrechtsausschlusses. Für die professionelle Verwaltung bedeutet das: klare Zählweise, saubere Bevollmächtigung, transparente Sitzungsleitung und belastbare Protokollierung – idealerweise digital im Eigentümerportal.


Gesetzestext – § 25 WEG

§ 25 Beschlussfassung

  1. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
  2. Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
  3. Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.
  4. Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 rechtskräftig verurteilt ist.

Hinweis: Maßgeblich ist die amtliche Fassung; Orthografie hier in aktueller Schreibweise umgesetzt.


Was bedeutet das in der Praxis?

  • Einfache Mehrheit genügt: Gezählt werden ausschließlich wirksam abgegebene Stimmen (Ja/Nein). Enthaltungen zählen nicht mit.
  • Kopfprinzip: Gesetzlich hat jede/r Wohnungseigentümer/in eine Stimme – unabhängig von Anzahl/Größe der Einheiten. Abweichungen (Wert‑ oder Objektprinzip) sind nur per Vereinbarung (Gemeinschaftsordnung) möglich.
  • Vertretung per Textform: Vollmachten sind formwirksam, wenn sie in Textform erteilt sind (z. B. Brief, E‑Mail, Portal‑Vollmacht). Original‑Unterschriften sind nicht erforderlich.
  • Stimmrechtsausschluss in Interessenkonflikten: Wer selbst betroffen ist (Rechtsgeschäft mit der GdWE, Rechtsstreit, bestandskräftige Verurteilung nach § 17 WEG), stimmt zu diesem Punkt nicht mit.
  • Umlaufbeschluss im Blick behalten: Für Umlaufbeschlüsse gilt grundsätzlich Einstimmigkeit; die GdWE kann allerdings für einen einzelnen Gegenstand beschließen, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (Textform ausreichend).

Leitplanken für die Beschlussfassung

  1. Zählweise festlegen: In der Sitzungsleitung zu Beginn klarstellen, wie Ja/Nein/Enthaltung protokolliert werden und dass abgegebene Stimmen maßgeblich sind.
  2. Vollmachten sammeln & prüfen: Eingangskanal definieren (Portal, E‑Mail), Identität plausibilisieren (Rückfrage/Abgleich), Vollmacht dem Protokoll beifügen.
  3. Betroffenenkonflikte prüfen: Vor jedem TOP kurz abfragen, ob Stimmrechtsausschlüsse tangiert sind.
  4. Beschlusswortlaut sauber: Klar, maßnahmenscharf, mit Ausführungskompetenzen, Budgetrahmen, Fristen und ggf. Bevollmächtigung (z. B. Vergabe).
  5. Dokumentation: Ergebnis und Zählweise (z. B. 32 Ja / 9 Nein / 5 Enthaltungen) protokollieren; Beschlusssammlung unmittelbar aktualisieren.

Praxisbeispiele

  • Wirtschaftsplan: 40 Eigentümer erscheinen/vertreten; 20 Ja, 10 Nein, 10 Enthaltungen. Ergebnis: angenommen (20 Ja vs. 10 Nein; Enthaltungen zählen nicht).
  • Interessenkonflikt: Ein Eigentümer bietet als Unternehmer die Dachwartung an. Beim TOP „Vergabe Dachwartung“ ist er nicht stimmberechtigt.
  • Umlaufbeschluss mit Mehrheitsregel: Die GdWE beschließt in der ETV, dass der TOP „Tausch der Schließanlage“ im Umlaufverfahren mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen entschieden werden darf. Anschließend erfolgt die Abstimmung per Portal/E‑Mail.
  • Stimmrecht bei Miteigentum: Eine Wohnung gehört zwei Geschwistern. Sie haben gemeinsam genau eine Stimme; uneinheitliche Stimmabgabe ist unwirksam.

Häufige Missverständnisse

  • „Ohne 50 % Anwesenheit keine Beschlussfähigkeit.“ Seit der Reform ist die ETV unabhängig von der Teilnehmerzahl beschlussfähig; maßgeblich ist die ordnungsgemäße Einberufung.
  • „Vollmachten müssen im Original vorliegen.“ Nein – Textform genügt. E‑Mail/Portal‑Vollmacht reicht.
  • „Enthaltungen zählen wie Nein.“ Falsch. Entscheidend ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen; Enthaltungen bleiben außer Ansatz.
  • „Kopfprinzip ist zwingend.“ Nein. Durch Vereinbarung (z. B. in der Gemeinschaftsordnung) sind Wert‑ oder Objektprinzip möglich – aber nicht per Mehrheitsbeschluss.

FAQ zu § 25 WEG

Wie werden Stimmenthaltungen gezählt?

Sie werden nicht mitgezählt. Maßgeblich ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Ja/Nein).

Kann die GdWE von der einfachen Mehrheit abweichen?

Gesetzlich gilt die einfache Mehrheit. Abweichende Quoren können sich nur aus zwingenden Spezialnormen ergeben oder – sehr zurückhaltend – aus Vereinbarungen. In der Praxis sollte mit Sonderquoren sparsam umgegangen werden.

Wer darf wen vertreten?

Jede/r Eigentümer/in kann sich grundsätzlich vertreten lassen; die Vollmacht muss in Textform vorliegen. Gemeinschaftsordnungen können Einschränkungen (z. B. keine Sammelvollmachten) vorsehen.

Ist der Verwalter als Vertreter zulässig?

Das Gesetz erlaubt die Vertretung. Aus Gründen der Neutralität verzichten professionelle Verwaltungen darauf oder lassen sich durch GO/Vereinbarung ausschließen. Im Einzelfall sollte eine Interessenkollision vermieden werden.

Wie funktioniert die Mehrheitsregel im Umlaufverfahren?

Standard ist Einstimmigkeit. Die ETV kann aber für einen konkreten Gegenstand beschließen, dass im Umlaufverfahren die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (Textform). Dieser Beschluss sollte bereits den Gegenstand und die Frist definieren.


Best‑Practice: Checkliste für die Verwaltung

  1. Zu Beginn der ETV Zählweise, Stellvertretungen und Interessenkonflikte benennen.
  2. Vollmachten vorab einsammeln, dokumentieren und zum Protokoll nehmen.
  3. Beschlussentwürfe präzise formulieren (Zweck, Umfang, Budget, Ausführung).
  4. Ergebnisse mit Zahlen dokumentieren (Ja/Nein/Enthaltungen) und verkünden.
  5. Beschlusssammlung unmittelbar aktualisieren und im Portal veröffentlichen.

Fazit

§ 25 WEG macht Beschlüsse handhabbar: einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, klare Stimmrechtsgrundsätze, Vertretung in Textform und transparente Dokumentation. Wer diese Regeln konsequent umsetzt, reduziert Anfechtungsrisiken, beschleunigt Entscheidungen und stärkt die Handlungsfähigkeit der GdWE.


Autor: Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH

Stand: Oktober 2025

→ Weiter geht es mit: § 26 WEG – Bestellung und Abberufung des Verwalters