§ 4 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) – Formvorschriften


Einleitung

§ 4 WEG regelt die Formanforderungen für die Einräumung und Aufhebung von Sondereigentum. Er legt fest, dass neben der Einigung der Beteiligten stets auch die Eintragung im Grundbuch erforderlich ist. Zudem verbietet die Norm, die dingliche Einräumung oder Aufhebung von Sondereigentum unter eine Bedingung oder Befristung zu stellen. Für die Praxis bedeutet das: Ohne notarielle Erklärung in Auflassungsform und anschließende Grundbucheintragung kommt die Rechtsänderung nicht zustande.


Gesetzestext von § 4 WEG (Stand 2025)

§ 4 WEG – Formvorschriften

(1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.

(2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden.

(3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.


Kernaussagen & Bedeutung

  • Doppelte Voraussetzung: Einigung (dingliche Erklärung) und Grundbucheintragung sind beide erforderlich; erst die Eintragung macht die Rechtsänderung wirksam.
  • Notarielle Form (Auflassung): Die Einigung ist in der Form der Auflassung abzugeben, also notariell.
  • Keine Bedingung/Befristung: Die dingliche Einräumung oder Aufhebung von Sondereigentum darf nicht bedingt oder befristet werden.
  • Schuldrechtliche Verträge: Verpflichtungsverträge über Einräumung/Erwerb/Aufhebung bedürfen ebenfalls der notariellen Beurkundung (§ 311b Abs. 1 BGB); ein Formmangel kann durch Auflassung und Eintragung geheilt werden.

Systematische Einordnung

  • Begründungswege: § 4 flankiert § 3 WEG (vertragliche Einräumung) und § 8 WEG (Teilung).
  • Nachweise für das Grundbuch: Aufteilungsplan und Abgeschlossenheitsbescheinigung nach § 7 WEG.
  • Folgen bei Aufhebung: Grundbuchliche Abwicklung und ggf. Schließung von Wohnungsgrundbüchern nach § 9 WEG; Rechtsstellung der Gemeinschaft vgl. § 9a WEG.

Praxisbeispiele

1. Umwandlung von Bruchteilen

Miteigentümer A und B räumen sich per notarieller Einigung jeweils Sondereigentum an EG- und OG-Wohnung ein. Erst mit der Eintragung im Grundbuch entsteht wirksam Sondereigentum.

2. Bedingte Einräumung?

Eine dingliche Einräumung „unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung“ ist unzulässig. Die Absicherung erfolgt schuldrechtlich (Treuhand-/Fälligkeitsabreden) im beurkundeten Vertrag.

3. Aufhebung und Zusammenlegung

Zur Zusammenlegung zweier Einheiten wird das Sondereigentum an einer Einheit aufgehoben. Erforderlich sind notarielle Einigung und Grundbucheintragung; anschließend wird das zugehörige Wohnungsgrundbuch geschlossen.


Häufige Missverständnisse

  • „Der Kaufvertrag reicht.“ – Nein. Zusätzlich sind dingliche Einigung (in Auflassungsform) und Grundbucheintragung nötig.
  • „Man kann die Einräumung befristen.“ – Unzulässig bei der dinglichen Einräumung; nur schuldrechtliche Bedingungen sind möglich.
  • „Ohne Eintragung besteht Sondereigentum.“ – Falsch. Die Eintragung ist konstitutiv.

Fazit

§ 4 WEG ist das formelle Scharnier des Wohnungseigentumsrechts: Ohne Notar und Grundbuch keine wirksame Einräumung oder Aufhebung von Sondereigentum. Wer die Formvorgaben beachtet und Bedingungen nur im schuldrechtlichen Bereich regelt, vermeidet kostspielige Verzögerungen und Rechtsunsicherheiten.


Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Stand: Juli 2025